Dienstag, Februar 21, 2012

Saftladen - Nachtrag


Eine alberne Fortsetzung hat mein unerquickliches Nachtreisezuerlebnis gefunden. Ich war nach der durchfrorenen Nacht freilich der Meinung, daß der Bahn nicht mehr als der reine Transportpreis, also das Entgelt für einen Sitzplatz 2.Klasse zustünde. Den darüber hinausgehenden Betrag will ich nun zurück haben und habe das der Bahn auch so mitgeteilt.

Als Ansprechpartner habe ich mir unter anderem zwei Pressesprecher der Bahn ausgesucht, Herrn Jürgen Kornmann und Herrn Oliver Schumacher. Der Erste ist der Leiter der Kommunikation Fernverkehr und der zweite der Leiter der Kommunikation Konzern. Wenn es um das Scheitern eines Nachtzuges geht, könnten die beiden also gute Ansprechpartner sein. Bei anderen Konzernen habe ich die Erfahrung gemacht, daß Presseabteilungen am ehesten noch das Fehlverhalten ihrer Firmen ein wenig peinlich ist und sie schlechte Eindrücke korrigieren möchten. Bei Herrn Jürgen Kornmann und Herrn Oliver Schumacher ist das scheinbar eher nicht so. Wobei man ihnen zugute halten muss, daß sie nicht falsches gesagt haben. Sie haben einfach mal gar nichts gesagt. So kommuniziert man bei der Bahn. Chance vertan.

Geantwortet hat auf mein Anliegen eine Mitarbeiterin der Nachtzug Kundenbetreuung nach zwei Wochen harter Recherche, in denen sie aber offensichtlich gar nicht recherchiert hat. Das Antwortschreiben stellt reine Vermutungen auf, widerspricht dem harten Urteil des eigenen Zugbegleiters und man legt mir einen Bahngutschein über ein Viertel des Fahrpreises bei.

Dazu sei erwähnt, daß die Bahn korrekterweise bei Verspätungen über zwei Stunden 50% des Fahrpreises erstattet. Bei einem Komplettausfall der Heizung während einer kompletten Nacht sollen es nun nur 25% sein? Das widerspricht nicht nur jedem Gerechtigkeitsempfinden, sondern wohl auch dem Gedanken der Fahrgastrechteregelung.

Lustig am Rande: Ich habe vor Jahren mal eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen, die ich schon längst wieder kündigen wollte, weil ich quasi überhaupt nicht klagewütig bin. Ich denke, ich schiebe die Kündigung noch etwas auf.

Montag, Januar 30, 2012

Saftladen


Neulich bin ich mal wieder Bahn gefahren. Ich fahre gerne Bahn. Entspannter kann man kaum reisen. Ganz zu schweigen von dem CO²-Footprint der meinem verlotterten Karma ordentlich gut tut.
Nun gedachte ich der schon gewohnten Entspanntheit eine Krone aufzusetzen und richtigen echten Schlaf mit Bett und Bettdecke zu addieren. Das erste Mal Schlafwagen. Der CNL 1246 von München nach Berlin. Start um 21:50, ankommen um kurz vor neun. Viel Zeit zum Lesen, Rumhängen und Schlafen.
Die Bahn bewirbt ihre Citynightline auf ihrer Website mit hübschen Hotelfotos und den klassischen Superlativen. Und ich freue mich wie ein kleines Kind auf diese Nacht. Angst vorm Schunkeln oder den dauernden Nebengeräuschen habe ich nicht. Im Gegenteil, leichter Hintergrund läßt mich meist eher wohliger schlummern als völlige Stille.
An was ich nicht dachte: Die Außentemperaturen waren in den letzten Nächten in die Minusbereiche gerutscht. Und es ist halt, naja, die Bahn.
Ich steige in den Wagon Nr. 18 mit der Seriennummer 6185 76-94 310-3 ein. Hergestellt wurde der Wagen von verschiedenen Firmen: Schindler Waggon, SGP, Talbot und einem Konsortium Waggonausrüstung Hotelzug. Hätte ich vorher ein bißchen gegoogelt, hätte mich vermutlich stutzig gemacht, daß es die besagten Firmen entweder nicht mehr gibt oder daß sie in entkernter Form mittlerweile etwas völlig anderes machen.
Mein Bett liegt ziemlich nah am Eingang, ich steige eine kleine Treppe nach oben und bin erst mal ziemlich baff. Ich kann mich bequem ausbreiten, in der Kabine hätten auch vier Betten Platz gefunden. Zugegeben, ich hatte mir – wennschondennschon – die Version mit Einzelbett, eigener Dusche und WC ausgesucht. Vor dem Gedanken nachts im Schlafanzug auf eine Gemeinschaftstoilette zu stolpern, hatte ich dann doch Angst. Im Nachherein scheinen DIESE Bedenken fast albern.
Aber es gilt noch Lob zu hudeln: Das Bett ist frisch gemacht und sauber. Auf dem Tisch stehen Orangensaft und Wasser. Der Schaffner hatte mir gar noch eine kleine Flasche Rotwein (Käfer, Schraubverschluß, ohne Herkunftsort) gestiftet, die Fenster bieten zur Seite und nach oben echtes Panorama.
Nur wenn man genauer hinschaut merkt man ein paar Dinge die einen irritieren könnten: Der Kunststoff im Bad hat auf der Toilette und in der Dusche so einige echt häßliche Flecken, es sieht ein wenig nach rostigem Wasser aus, das sich da festgesetzt hat. Auch der Duschkopf möchte dringend ausgewechselt werden – aber der Vorgriff auf die Recherche der Firmengeschichte läßt einen ahnen, daß es Ersatzteile für diesen Waggon möglicherweise gar nicht mehr gibt.
Trotzdem, ich fühle mich richtig wohl, die etwas ältliche Einrichtung verströmt einen leichten Steampunk-Charme. Ich lese noch etwas, trinke den Rotwein und schlafe gegen elf Uhr ein, sanft geschaukelt und angebrummt von der Lüftung der Klimaanlage. Wundervoll.
0:20 ist die Nacht zu Ende. Erst denke ich, daß mein Wecker schon klingelt, aber das rhythmische Hupen ist ein Rauchalarm. Irgendein hirnverbranntes Arschloch hat in seinem Abteil geraucht und der Hersteller des Wagens fand es sinnvoll im Falle des Falles gleich alle Mitfahrer zu informieren. Man lernt nun seine Mitreisenden im Schlafanzug auf dem Gang kennen. Der Schaffner hantiert kurz mit Schaltern und es herrscht wieder Ruhe.
Aber ob es nur zufällig zusammen fällt oder doch irgendwie mit dem hantieren am Alarm zu tun hat – plötzlich fällt mir auf, daß die Lüftung nicht mehr geht. Sie hat bisher die warme Luft der Klimaanlage ins Abteil geblasen.
Ich vertraue selig auf die Automatik des Systems und versuche wieder einzuschlafen. Aber es funktioniert nicht mehr, es wird immer kälter.
Als sich um eins noch immer kein Lüftchen rührt, beginne ich meinen Zugbegleiter zu suchen. Offenbar hat er sich in irgendein Abteil zurück gezogen, aber welches? Ich gehe mehrere Waggons in die eine wie in die andere Richtung ohne jemanden zu finden. Ärgerlich. Nun denn, Züge lassen sich anrufen, das wird auch hier gelingen. Ich fange an zu telefonieren, werde mehrmals wegen der schlechten Verbindungen unterbrochen, bin öfter der Buchbinder Wanninger, aber gegen zwei erreiche ich jemandem in Berlin der mir verspricht sofort den Zugführer zu informieren. Und tatsächlich, zehn Minuten später stürmt ein älterer Herr in meinen Waggon und klopft meinen Zugbegleiter aus seiner Kabine. Ist die Rettung nah? Wird’s jetzt wieder warm?
Nein, es wird nicht mehr warm werden. Der Zugbegleiter informiert mich, daß die Klimaanlage auf Hochtouren laufe, die Zirkulation der Luft aber immer mal wieder ausfalle, wenn die Lok nicht genügend Strom liefern würde. Ich könnte in einen Liegewagen umziehen (dankeschön…) oder auf den Lokwechsel um 5 Uhr hoffen. Jedenfalls sei das mehr oder weniger normal und Massenerkältungen bei kühlem Wetter die Regel.
Großes Kino.
Nun, ich richte mir meinen Polarschlafplatz so gut es geht ein. Ich habe mich wieder komplett angezogen, ins Bett gelegt und noch meine Northfacejacke als zweite Decke drüber getan. Das geht so halbwegs. Aber an meinen Ohren und meiner Nase ist es verdammt kalt, an echten Schlaf ist nicht zu denken.
Ich döse frierend bis 5 Uhr und merke das Rumpeln des Lokwechsels bei Hildesheim. Und tatsächlich, plötzlich geht die Lüftung wieder an und warme Luft strömt in mein Abteil. Mehr Strom? Oder hat der Zugbegleiter doch noch den richtigen Schalter gefunden?
Um sieben wollte ich mich wecken lassen und jetzt hatte ich noch zwei Stunden Schlaf vor mir, ich wußte, mein Aufwachen würde grausam werden.
Und das wurde es. Das Frühstück war auch kein Trost. Billige Massenware. Jedes Lufthansa-Economy Frühstück ist ein Festmahl dagegen.
Die Bilanz: Das Ganze macht nicht nur ärgerlich, sondern auch nachdenklich. Die Bahn macht hier bei einem Premiumangebot alles falsch. Sie nutzt Hardware, die längst ausgetauscht hätte werden müssen, statt dessen investiert man in Halbstundengewinne auf Strecken auf denen dann die Klimaanlage bei Hochtemperaturen ausfällt. Gleichzeitig werden Kosten im Kundenkontakt so weit reduziert, daß das Geldausgeben bei der Bahn immer mühsamer wird. Das S-Bahn-Drama in Berlin war nur die Spitze einer bestimmten Art diesen Betrieb zu führen. Ich weiß nicht, ob es an der Regentschaft des Shareholder-Value liegt oder gar umgekehrt am hohen Staatsanteil der die Bahn de facto immer noch einen Staatsbetrieb seinläßt.
Vermutlich ist es aber doch einfach nur Dummheit.
Beim Aussteigen fragt mich der Zugbegleiter übrigens in freundlicher Routine, ob er mich auf dem Rückweg nach München wieder sehen wird. Ich habe ihn nur völlig fassungslos angesehen.

Sonntag, April 18, 2010

Rio 6

Noch ein Rionachtrag. Am letzten Tag habe ich doch noch mein Traumviertel gefunden. Dummerweise habe ich den Namen schon wieder vergessen. Santa Irgendwas. Liegt auf einem Hügel oberhalb des Zentrums und ist am bequemsten mit einer Art Straßenbahn zu erreichen und zu entdecken. Auf die kann man auch während der Fahrt auf und wieder abspringen. Idylisch! Und "meinen" Platz habe ich dort auch entdeckt: Eine Cafe/Bar/Restaurant in einem von Bäumen eingesäumten Haus im Kolonialhaus-Stil (glaube ich jedenfalls) - von jungen Leuten betrieben, mehrere Terassenebenen, gemütlich und Brownies zum Darniederknien. Irgendwo habe ich auch noch die Visitenkarte falls es jemand genau wissen will. Rio, tschüß! Ich habe etwas gebraucht um mit Dir warm zu werden, aber ich denke, jetzt sind wir Freunde.

Donnerstag, April 15, 2010

Rio 5

Noch eine neue Welt. Tapetenwechsel dürfte hier ein Euphemismus sein.

Über zwei Freunde (Danke Frank, danke Max!) kam ich in Kontakt mit Frigo, einem Schweizer Graffitikünstler, der schon seit vielen Jahren in Rio lebt und jede noch so düstere Ecke der Stadt wie seine Westentasche zu kennen scheint. Immer wieder sprühte er auch in diversen Favelas und vergangene Nacht habe ich ihn auf eine Tour begleitet.

Es ist gegen elf Uhr Abends. Ziel ist die Favela Jacaré im Nord-Westen der Stadt. Wir starten mit einer halsbrecherischen Busfahrt und steigen im Nirgendwo aus. Noch sind wir nur zu zweit, wir sollen den Rest des Trupps vor Ort treffen. Von der Straße führt eine Art Toreinfahrt in etwas Siedlungsartiges. Dreck liegt auf dem Weg, wir passieren Süchtige und Drogenhändler im Dutzend. Ich lerne die erste Regel: Gehe zügig ohne groß nach links und rechts zu sehen; als würdest du das hier zum hundersten Mal machen. Ok, ich versuchs...

Diese Favela ist weit weg davon "befriedet" zu sein, wie es die meisten Favelas im direkten Umfeld von Ipanema und der Copacobana sind. Die Polizei wagt sich hier nur schwer bewaffnet und - wie berichtet wird - reichlich wütig um sich schießend hinein. Kürzlich wurden wieder sechs Bewohner erschossen. Das Sicherheitsempfinden meiner Begleiter wirkt denn auch auf den ersten Blick wie verkehrte Welt: Weil hier keine Polizei Ihr brutales und korruptes Unwesen treiben kann, fühlt man sich relativ sicher.

Wir sind immer noch zu zweit und sind am ersten Treffpunkt angekommen. Ein kleiner Platz in völliger Dunkelheit wie viele Teile der Favela. Teilweise scheinen die Lampen kaputt zu sein, teils wirkt es aber auch wie Methode. Wir warten und ich strenge mich an meine Anspannung zu kontrollieren und nicht feindlich zu wirken.

Als Frigos Freunde kommen, entspannt sich die Szenerie. Plötzlich werden Hände im Umfeld geschüttelt, man kennt viele der Bewohner hier. Die Sprayer werden als legitime Besucher begrüßt. Als ich ein Foto eines Trupps von Motorrad-Taxifahrern machen möchte, reagiert man begeistert - aber missverständlich. Plötzlich stehen die Motorräder alleine da. Fotografieren, das ist die nächste Regel die ich lerne, gerne, aber keine Gesichter oder Personen. Meine Bilder werden reine Architekturstudien werden.

Wir gabeln noch einen Favelabewohner auf. Ein Freund und eine kleine zusätzliche Sicherheitsmaßnahme. Jetzt ist die Mannschaft komplett und man macht sich auf die Suche nach einer geeigneten Wand. Kaum gefunden wird gesprüht und gemalt. Ich fotografiere die Graffitis und Malereien und gelegentlich heimlich in andere Richtungen - und werde prompt zurück gepfiffen. Zu gefährlich. Nicht provozieren ist die Devise.

Und da stellt sich bei mir auch urplötzlich der nötige Respekt ein: Auf einem Motorrad tauchen zwei Aufpasser auf, wie wir sie noch oft sehen werden. Vorne der Fahrer und hinten der Sozius, bewaffnet mit einem modernen Sturmgewehr westlicher Bauart. Beide um die zwanzig. Freundlich, aber sich der Macht ihrer Bewaffnung wohl bewusst. Die gute alte AK-47 scheint ausgedient zu haben. Interessant: ich fürchte mich nicht und habe auch keinen Grund dazu. Natürlich werden diese Aufpasser irgendeinem Gangsterboss unterstehen, aber sie sind nicht betrunken oder bekifft, sondern ziemlich abgeklärt bei der Arbeit. Und unsere Interessen kollidieren einfach nicht.

Man toleriert uns und mit längerer Präsenz scheinen das einzig wirklich Gefährliche völlig wahnsinnige (diesmal unbewaffnete) Motorradfahrer zu sein, die mit oder ohne Mädchen auf dem Rücksitz hupend, schlingernd und ohne Licht die engen Straßen hinab und hinauf rasen.

Plötzlich ein Schuss. Wir blicken den begleitenden Bewohner an, der zuckt nur grinsend mit den Schultern. Analog zur Schwalbe die keinen Sommer macht, ist ein einzelner Schuss auch noch keine Gefahr.

Fakt: Solange keine Polizei auftaucht und wir zwischen die Fronten geraten kann uns kaum etwas passieren. Denke ich und sage ich. Klar, meint Frigo im langezogenen Schweizer Slang, aber irgendwas kann immer passieren. Einfach ruhig bleiben rät er. Na gut.

Nach getaner Arbeit machen wir uns auf die Suche nach einem Imbissstand. Den finden wir mitten im Gewirr der Gäßchen. Die Kamera habe ich auf dem Weg auf Anraten weg gepackt, auch um den zahlreichen "Händlern" keinen Anlass für Ärger zu geben. Es gibt Cola und Hamburger. Wir sitzen auf einem verstaubten Betonvorsprung und es schmeckt verdammt gut. Nochmal schauen ein paar bewaffnete Jungs vorbei, beachten uns aber kaum noch.

Die einzige abschließende Sorge: Beim Verlassen der Favela der Polizei nicht über den Weg laufen. Denn für heute Nacht sind wir einfach auf der falschen Seite. Der falschen? Na jedenfalls der anderen.

Als ich im drei Uhr nachts mit dem Bus in Ipanema ankomme, nehme ich für den kurzen Weg zu meinem Apartment ein Taxi. Die Gefahr hier auf den verlassenen Straßen überfallen zu werden, scheint jetzt deutlich größer als zwischen Maschinenpistolen und Dealern.

Mittwoch, April 14, 2010

Rio 4

Stadtteilwechsel. Von Ipanema und der Copacabana ins Zentrum. Und wieder eine neue Welt. Geschäftswelt total.

Und erneut spiegelt sich Downtown New York. Wolkenkratzer und hastende Massen prägen das Bild. Statt hotdogs werden Maiskolben angeboten. Der große Unterschied zu New York: eine noch größere Nähe von Armut und Mittelstand; der allpräsente Versuch noch ein wenigstens kleines Stück vom Kuchen abzubekommen.

Und dann zwischen den Wolkenkratzern wie Aliens uralte Gebäude, die noch von der portugiesischen Herrschaft zeugen. Ich sitze im Hof eines toskanisch anmutenden Schlosses, des damaligen Herrschaftsitzes und versuche mir Geschichten von damals vor Augen zu führen: Der vor Napoleon nach Rio flüchtende portugiesische Kronprinz (im Schlepptau ein Hofstaat von 15.000 Personen! - kann das stimmen?!) weigerte sich nach Waterloo schlicht wieder zurück zu kehren. Als seine Mutter dann starb, er König wurde und der Druck in Lisabon zu regieren sicher noch größer wurde, drehte er die Regeln kurzerhand um und erklärte Rio zur Hauptstadt des Vereinigten portugiesischen Königsreichs. Wundervoll! Unter Führung seines Sohnes und gegenüber dem dann schon schwachen Portugal ging Brasilien dann später in die Unabhängigkeit.

Ich muss aufhören. Ich höre Hufgetrappel und das Knirschen von Eisenreifen auf dem steinernen Pflaster...

Dienstag, April 13, 2010

Rio 3

M&Ms mit weißer Schokolade!!! I will stay in Rio!

Rio 2

Der Strand von Ipanema! Legende!

Aber es ist ein Strand! Ein Strand! Ein Strand! Meer, Sand, Menschen. That's basically it. Schon mal gesehen.

Aber wer Träume hat, kann sie freilich ganz wunderbar hierher mitbringen. Und als ich durch den nassen Sand an der Grenze zum Wasser laufe, erwische ich mich selber ein paar mal beim Summen. "...oh, but I watch her so sadly, how can I tell her I love her?..."

Rio 1

Ich habe Buenos Aires verlassen und bin nach Rio gesprungen. Mehr Armut, mehr Romantik; das Schema funktioniert.

Der Flughafen hat die strukturelle Kapazität von Hof oder Graz. Das Gefühl einer Großstadt stellt sich hier noch nicht ein. Aber spätestens in den monumentalen Staus auf dem Weg in die Stadt. Kinder und Jugendliche von nahegelegenen Favelas springen halsbrecherisch zwischen dem Stop und Go Verkehr hin und her und versuchen Kekse zu verkaufen. Es scheint keinem zu gelingen. Eine Freundin die mich vom Flughafen abgeholt hat, amüsiert sich über mein Mitleid. "Future Criminals" Dabei hat sie sich selber gerade noch über die verfehlte Armutspolitik der Stadtregierung aufgeregt.

Die Stadt: Riesig! Hügelig! Grün! Tropisch! Und irgendwie kommt mir die Energie, das Ungestüme, diese Hitze Lateinamerikas hier noch unmittelbarer , kräftiger und unkontrollierbarer vor als in Buenos Aires. Vielleicht will ich das aber auch nur gerade so spüren.

Sonntag, April 11, 2010

Buenos Aires 6

Die Reaktion auf Räuber sind überwältigend. Heute war die zweite Vorstellung, 800 Zuschauer, riesige Begeisterung für den Film und eine lange spannende Q&A-Runde. Und ich durfte mich über die vielfältige Interpretierbarkeit bildender Kunst auslassen. Herrlich!

Samstag, April 10, 2010

Buenos Aires 5

Fur heute Abend hat mich eine Elektro-Pop Sängerin, die ich am ersten Abend in Buenos Aires kennen gelernt habe, zu einem ihrer Konzerte eingeladen. Das startet um 3 Uhr. Nachts. Harte Sitten. Es ist eine Gay-Party und ich habe wohl etwas gelogen, als ich behauptet habe, dass mir das gar keine Angst macht.

Buenos Aires 4

Ich bin lange gewandert, von Downtown durch San Telmo nach La Boca, dem alten Hafenviertel. Dort bin ich kreuz und quer durchs Viertel gelaufen. Die bittere Wahrheit: Armut wirkt von Aussen einfach wildromantisch. Heruntergekommene Fabrikgebäude, streunende Hunde, schmutzige Kinder, die Wohnzimmer vor der Haustür. Das Strassenbild erinnert an verlassene amerikanische Vorstädte, breite staubige Pisten, blockweise kein Mensch zu sehen, dann wieder ein sinnlos grosser Supermarkt.

In einer versteckten Kellerbäckerei/-metzgerei, über die ich zufällig stolpere, bestelle ich eine Blätterteigtasche mit Hackfleischfüllung - ehrlich gesagt nur, weil sie oben auf liegt und den Fingerzeig einfach macht. Zwischen Bauarbeitern schlinge ich den besten Snack herunter, den ich seit Tagen gegessen habe.

Ein paar Mal muss ich meine Beine unter die Arme nehmen, weil herumlungernde Typen entweder mein Fotografieren oder meine Anwesenheit überhaupt störend finden. Aber wie es in Gegenden, in denen die Stimmung nach jedem Strassenzug wecheln kann, so ist, es gilt auch umgekehrt: man muss meist nicht lange spurten um auch wieder einen Polizeiwagen in seiner Nähe zu wissen. Dies immer verbunden mit der Hoffnung, dass die Polizei ihren Sold gerade nicht als viel zu gering empfindet...

Buenos Aires 3

Um kurz dem Eindruck entgegen zu wirken, ich würde das Festival links liegen lassen: Mitnichten. Ein Filmfestival hat nur naturgemäß nicht so viele erzählenswerte Erfahrungen parat wie das echte Leben. Und letztlich ist es eben auch schlicht Arbeit. Dafür ist es aber eine großartige Grundlage. Vielfältige Gelegenheiten den neuen argentinischen Film kennen zu lernen und insbesondere ein Coproduktionsmarkt, der Kontakte für zukünftige Cooperationen anbietet. Spannende Wege ergeben sich.

Buenos Aires 2

Buenos Aires ist groß! Sehr sehr groß! Schon beim Anflug liegt die Stadt ewig lang unter uns und scheint überhaupt kein Ende zu nehmen. Ein Erlebnis, daß so wohl nur von Städten wie Sao Paulo oder Mexiko City übertroffen werden dürfte.

Das macht es schwierig die Stadt zu begehen, mehr als Schlaglichter auf bestimmte Viertel zu werfen. Der erste prägende Eindruck: Ein europäisches New York, genauer, ein spanisches Manhatten, durchdrungend aber von der Finanznot der zweiten Welt.

Geschäftigtkeit, Quirligkeit, ein Stampfen des Herzens der Stadt ist auf den großen Straßen und dazwischen zu spüren. Und als ich mich zu Fuß Richtung Hafen aufmache, habe ich Downtown wieder ein Deja Vu, als würde ich im Financial District von New York ankommen.

Die Gerüche stammen wieder eher aus südeuropäischen Großstädten - für einen Italiener, den ich im Flieger kennen gelernt hatte, der für die schwäbische Firma Kärcher das Südamerikageschäft betreut, war das am Flughafen auch das echte Ankommen: "Now smell Southamerica", sagte er. Was man da riecht ist einfach nur eigen, eine Mischung aus hiesig verwendeten Materialen, etwas Müll, Schweiß, Parfüm. Ich werde es jedenfalls wieder erkennen. Und mögen.

In den dicht besiedelten zentralen Bezirken ist eine beeindruckende Geschäftigkeit zu erleben. Jede Nische wird genutzt noch einen kleinen Laden aufzumachen und der Grill neben dem Friseurstuhl nichts besonderes. Imbissbudenbesitzer haben ihre helle Freude an mir, weil ich bestellen muss ohne zu wissen, was ich gleich essen werde.

Es gibt ein paar düstere und kritische Viertel in Buenos Aires. Und ich konnte sie auf meinen Streifzügen mit der Kamera nicht umgehen. Denn immer wieder sagte irgendein Polizist das gefährliche Zauberwort zu mir: "Don't go there!". Und dann, klar: verdammte Neugier.

Freitag, April 09, 2010

Buenos Aires 1

Der erste Abend in Buenos Aires. Ich habe gerade die Eröffnungsveranstaltung des Festivals erlebt, brav langen Reden zugehört und eifrig geklatscht, wenn es angebracht schien. Verstanden habe ich freilich kein Wort.

Danach liege ich Jetlag-geplagt im Hotelzimmer und zappe mich durchs Programm. Weil ich unter den ersten dreißig Kanälen partout keine mir geläufige Sprache entdecke, bleibe ich bei einem Kinderkanal hängen.

Ein blauer Elefant auf Rädern (oder ein Bus mit Mund und Augen, möglicherweise auch ein riesiger Staubsauer mit Gesicht) und ein Motorradschwein (also wirklich ein Schwein, das aber statt Beinen zwei Räder hat!) versuchen einen Straßenlooping zu durchfahren. Das gelingt erst nicht mangels Geschwindigkeit und man versucht sich an verschiedenen Lösungsideen. Das Schwein gibt sich aber so brutal weinerlich und hoffnungslos, das man irgendwann aufhört im noch Erfolg wünschen zu wollen. Ich merke, wie ich mir dauernd einen „Happy Tree Friends“ Fortgang wünsche, bei dem das Schweinchen irgendwo den Kopf verliert.

Wieso laufen hier Kindersendungen eigentlich um zwei Uhr nachts?!

Samstag, September 19, 2009

Sie sollten sich was schämen

Ich habe mir heute den Tatort in Solln angesehen an dem Dominik Brunner getötet wurde.
Und ich kann immer weniger verstehen, daß sich niemand der 20 Menschen in der Nähe in der Lage sah einzugreifen.
Sogar wenn man auf dem gegenüber liegenden Bahnsteig stand, hätte man relativ gefahrlos die Gleise überqueren können – dies sogar bei einem schon sichtbaren herannahenden Zug – da zwischen Gleis und Tatort-Bahnsteig ein fast gleisbreiter Sandstreifen liegt. Zusätzlich wirkt ein kleiner Betonvorsprung direkt neben dem Tatort wie eine Treppe um wieder auf den Bahnsteig steigen zu können.
Ich erlaube mir deswegen dieses Pauschalurteil: Die Menschen, die damals auf dem Bahnsteig standen, sollten sich in Grund und Boden schämen.

Mittwoch, September 16, 2009

Dominik B., Feigheit und das Aufgeben von Bürgerrechten

Eigentlich ist es interessant wie sich gerade zwei scheinbar verschiedene Trends aus der gleichen furchtbaren Quelle zu nähren scheinen.

Als Dominik B. an der eigenen Courage zu Tode kam, haben mal wieder viele weggeschaut. Aus Furcht oder weil sie dachten, daß es sie nichts angeht? Beides ist denkbar. Was fehlte, war der Wille ein Risiko einzugehen um andere und damit auch sich selber als Teil einer Zivilgesellschaft zu verteidigen.

Und wo gibt es genau dieses Schema noch einmal? Dort wo Bürgerrechte aufgegeben werden um vermeintlich die Sicherheit zu erhöhen, während in Wirklichkeit genau die zu schützenden Güter der Vernichtung anheimfallen. Es passiert schon in allen Lebensbereichen: Kontrolle des Internets, Videoüberwachung, Pässe mit RFID-Chips. Die Bürger beginnen Ihre Freiheitsrechte aufzugeben, weil sie Angst vor den Risiken der Freiheit und Ihren Feinden haben.

Und das ist es was diese beiden Themen vereint: Nur wenn ich bereit bin Risiken auf mich zu nehmen, sei es als Allgemeinheit, wenn Terror unsere Ordnung gefährdet oder ganz persönlich, wenn einzelne bedroht werden, nur dann kann eine freie Gesellschaft funktionieren und frei bleiben.

Donnerstag, September 03, 2009

Odeion!!!

Hat schon mal jemand diesen kleinen blauen Kreidefleck entdeckt? Dort wo Twombly ein wenig fester aufgedrückt hat? Von der Mitte aus etwas rechts nach unten. Nein? Das dachte ich mir. Das Bild ist auch meins meins meins. Verdammt, wie kriege ich die Leute raus, die mir etwas davon weg gucken wollen?

Freitag, August 28, 2009

Brandhorst und die bösen bösen Kopfhörer

Erster Stock, von der Treppe aus durch die Tür im Osten, dann gleich links an der Nordwand. Da hängt mein aktuelles Lieblingsbild von Cy Twombly. Alleine dafür war ich jetzt schon mindestens fünf mal im neuen Museum der Brandhorst Sammlung. Ich könnte in die filigranen Kritzeleien hinein kriechen.

Überhaupt schlägt dieser Teil der Sammlung bei weitem den ganzen Rest. Deswegen macht die Trennung auch Sinn – auf der Etage finden sich nur Bilder von Twombly. Es wäre fatal gewesen andere Werke in Konkurrenz treten zu lassen.

Der erste Stock beheimatet auch die meditativsten Orte des Museums. Neben den großen Räumen findet sich in der Süd-West Ecke eine Art Lounge mit einem wunderbaren Panoramafenster. Das nächste Mal werde ich mein Notebook ins Museum schmuggeln und ein paar Stunden diesen Platz nicht verlassen.

Und zwar auch um einer schrecklichen Entwicklung zu entkommen. Auch im Museum Brandhorst hat sich eine Seuche festgesetzt. Die Kopfhörerseuche. Ich hatte schon in einer Hasstirade zur Kandinsky Ausstellung des Lenbachhauses meine Antipathie gegenüber diesen wahrnehmungszerstörenden Teufelswerken kund getan. Ich wiederhole das hier gerne nochmal. Wer sich beim ersten Entdecken und Kennenlernen eines Kunstwerks nicht von den eigenen Emotionen leiten, sondern von Kunsthistorikergebrabbel berieseln lässt, wird das Werk nicht kennen lernen. Man zerstört seinen ganz persönlichen Zugang. Man läßt nicht zu, daß einen ein Bild berührt.

Das ist nicht nur bitterschade, sondern die dümmste Erziehung zu Kunstverständnis. Natürlich ist es spannend sich anzuhören, was andere über ein Gemälde wissen, NACHDEM man es angesehen hat. Aber der erste Moment der Begegnung lässt sich nicht wiederholen und nicht was die Kunsttheorie sagt, sondern was sich im Bauch des Besuchers abspielt ist das wichtigste, wenn es um Wahrnehmung von Kunst geht.

Kunst gehört erfühlt und nicht gelernt.

Die FDP, die FDP

Wenn es noch etwas bedurft hatte, um die Steigbügelhalterfunktion der FDP in Bayern für die CSU zu beweisen, dann sind es die aktuellen Ereignisse um Quelle.

Während der von der FDP gestellte Wirtschaftsminister Martin Zeil noch verkündete, daß Quelle in Sachen staatlicher Unterstützung wie jedes andere bayerische Unternehmen behandelt werden würde, preschte Seehofer vollmundig in die andere Richtung und versprach das blaue an Unterstützung vom Himmel. Nicht nur das – Seehofer verkündete gar, er sei „täglich auch Wirtschaftsminister in Bayern“. Und Söder assistierte mit der Kunde, daß man im originären Wirtschaftsminister eben etwas überfordert sei und deswegen Kompetenzen zur Staatskanzlei gezogen werden müssten.

Von Martin Zeil kamen ein paar rhetorisch nette Gegenworte, aber das wars dann auch schon.

Das riecht mal wieder ein bißchen nach unbedingtem Machterhalt, gell. Lass uns mal in der Regierung bleiben. Daß wir da nichts zu sagen haben, werden wir schon überstehen.

Ich finde das peinlich.

Mittwoch, August 19, 2009

Wie ich mich zum Gespött aller Umstehenden und meiner Selbst gemacht habe

Kürzlich ist mir etwas sehr unangenehmes passiert. Ich habe mich aus einer moralisch einwandfreien Höhe heraus aus hinabgestürzt in die Tiefen des plumpen Idiotendaseins, dorthin wohin man zu Recht nur abschätzig ignoriert wird.

Und das kam so:

Ich joggte an jenem Tag die Isar entlang, eine von mir und anderen oft belaufene Strecke zu einem Stauwehr nördlich der Tivolibrücke. Es war ein sonniger Tag und zahlreiche Spaziergänger waren auf dem gleichen Weg unterwegs. Einige auch mit Hunden. Einige auch mit unangeleinten Hunden. Einige auch mit unangeleinten Hunden, die sie schlicht nicht unter Kontrolle hatten. Rücksichtslose Menschen, die man täglich mit Hundescheisse bewerfen sollte.

Und so lief mir irgendwann der erste Hund hinterher. Von der Biologie zur Jagd getrieben, war ihm schwer etwas vorzuwerfen. Seinen Besitzer habe ich versucht besonders böse anzusehen.

Dann kam der nächste Hund. Bellend und knurrend, waren Spiel und Jagd nur schwer auseinander zu halten. Der Besitzer erntete noch bösere Blicke, ich glaube ich habe auch irgendwas Oberlehrerhaftes gesagt.

Und dann lief der dritte Hund auf mich zu. Ich merkte da schon, daß es böse enden würde. Nicht weil der Hund so grandios gefährlich aussah, sondern weil mein Zorn sich aufgestaut hatte und nach Entladung suchte. Leider fand er sie.

Der Hund spurtete also bellend auf mich zu. Schwanz wedeln war nicht wirklich erkennbar. Die Besitzer, Mann und Frau, ignorierten mein Leid und auf mein energisches Lautgeben ("Hey!"), lachte man mir zu und rief "Das macht er nur kurz und läuft dann weiter".

Irgendwo nahm mein Zorn in dieser Sekunde die falsche Abzweigung. Ich hätte sie schelten können, die Satzung des Englischen Gartens mit Füßen zu treten oder ich hätte ihnen mit großen Worten ihr asoziales Ignorieren der Mitmenschen vorwerfen können.

Aber ich schrie: "Du dumme Sau!"

Ich hasste mich schon in dem Moment als ich es rief. Ich war als moralischer Sieger in das Gefecht gegangen und hatte den Sieg nicht nur verschenkt, sondern in hohem Bogen von mir geworfen.

Ich habe mich beim weiter Laufen nicht mehr umgedreht.

Dienstag, August 18, 2009

Ich und die Staatsbetriebe

Ha, ich habe mal wieder um mich geschlagen! Fahrradstandortverwaltungsprobleme bei Call-a-Bike einer Tochter von XY einer Tochter von YX einer Tochter der Bahn die dem Bund gehört, haben mich so fuchsteufelswild gemacht, daß ich erzürnte Faxe an vermeintlich Verantwortliche verteilt habe. Ein Vorstandsmitlied der Deutschen Bahn AG war darunter und diverse Menschen auf unterschiedlichen Managementebenen der DB Mobility Was-Weiss-ich GmbH mussten dran glauben. Vermutlich hält man mich da jetzt für einen renitenten Rentner, der nichts zu tun hat. Die beunruhigende Frage ist freilich, wie ich wohl drauf bin, wenn ich wirklich mal Rentner bin...

Mittwoch, März 11, 2009

Wieso mich Winnenden nicht so arg berührt

Jeden Tag sterben 26.000 Kinder unter 5 Jahren an Hunger oder vermeidbaren Krankheiten. Uns würde nicht auffallen wenn es am Tag mal 100 mehr oder weniger wären. Schon das muß man verdrängen um nicht wahnsinnig zu werden. Nun sind 16 Menschen im Sicherheitshort Deutschland durch einen Amokläufer getötet worden. Und weil die Sender ihre Kameras in die Gesichter der Betroffenen halten, ist uns das Leid ganz nah und spürbar. Aber hinter jedem der 26.000 toten Kinder stecken auch fürchterliche Schicksale mit leidenden und trauernden Angehörigen. Gnade uns Gott wir würden darüber genauso unmittelbar erfahren wie über diese 16 Toten.

Freitag, Februar 13, 2009

Bitteres Sri Lanka

Vor wenigen Tagen wurde Lasantha Wickramatunga, der Chefredakteur der oppositionellen Zeitung Sunday Leader auf offener Straße in Colombo erschossen. Nun wurde ein Brief veröffentlicht den Wickramatunga für den Fall seiner Ermordung geschrieben hatte.
Viele Zeitungen weltweit haben den Brief veröffentlicht. Hier ist er nachzulesen: The New Yorker: Letter From The Grave Und er ist sehr sehr lesenswert. Sehr!

Donnerstag, Februar 12, 2009

Mediale Lebensberatung

Ich denke ich muß diese Googleanzeigen in meinem Blog ausschalten. Jetzt habe ich schon dreimal einen Link zu einer "Medialen Lebensberatung" dort gesehen. Liegt das daran, daß meine letzten Blogeinträge so grantig waren? Direkt darunter "Sterbebegleitung" und Angebote für "Frauen nach Totgeburt". Mir ist gerade schleierhaft wieso der Google-Adserver diese Anzeigen bei mir passend plaziert sieht. Kann Google tiefer in meine schwarze Seele sehen als ich selbst? Freud hilf!

Die Frau Stolzenberg von Dell - Nachtrag

Ein kleiner Nachtrag der Fairness halber:

Man hat mir von kundiger Seite glaubhaft versichert, daß die Faxnummer unter der ich glaubte Frau Stolzenberg zu erreichen jedenfalls nicht die ihre ist. Irgendwo landeten also meine Briefe aber eben nicht bei ihr.

Und tatsächlich, als ich meinen Bloglink an die richtige Stelle bei Dell emailte, pilzte die Hilfsbereitschaft plötzlich rasant hoch.

Auch stimmt die Behauptung der Reduzierung von Personals wohl nicht. Im Gegenteil habe Dell die Zahl der Arbeitnehmer in Deutschland sogar aufstocken können.

Trotzdem ist der überforderte Service ja spürbar. Die Frage ist woher das dann kommt? Ich glaube vor einigen Jahren ist der zum Teil ins Ausland (Indien?) outgesourcte Callcenterbereich wieder nach Deutschland geholt worden. Liegt des Rätsels Lösung vielleicht in irgendwelchen Umstrukturierungen? Ich werde das mal erforschen... :-)

Mittwoch, Februar 11, 2009

Die Frau Stolzenberg von Dell

Ich schreibe Dorothee Stolzenberg jetzt regelmäßig einen Brief. Frau Stolzenberg ist die Deutschland-Chefin von Dell und ich kenne sie gar nicht. Ich würde Sie gerne kennen lernen, aber das Interesse beruht nicht auf Gegenseitigkeit. Meine Briefe sind nämlich die eines zornigen Kunden und davon lässt man ab einer bestimmten Management-Ebene besser die Finger. Jedenfalls bei Dell.

Lustiger weise ist das zum Beispiel bei Vodafone anders. Wenn man da mal eine verzweifelte Nachricht an den Vorstandsvorsitzenden schickt, ist die Chance groß eine richtig qualifizierte Reaktion zu kriegen. So jedenfalls meine gepflegte Quengelerfahrung.

Dell ist ein furchtbar großer Computer-Hardware-Konzern und stellt recht knackige Geräte her. Zusätzlich zum Verkauf gibt es ein genauso monströses Servicenetz verbunden mit einer Vielzahl an Servicevertragsoptionen die man beim Computerkauf dazu erwerben kann.

Aber auch bei Dell scheint man schon ordentlich sparen zu müssen. Da man aber das Servicenetz an sich nicht kleiner machen will, hat man es offensichtlich einfach mit weniger Personal ausgestattet. Man hangelt sich also wie früher durch endlose telefonische Auswahlmenüs und von Ansprechpartner zu Ansprechpartner (Passend dazu gibt gleich noch einen Youtube-Link zum Buchbinder Wanninger im Facebook Profil). Nur man wartet eben länger. Und das sind beim Premium-XPS-Service für Unternehmenskunden (also die ganz tolle und bevorzugte Hotline...) so 15-45 Minuten pro Anruf. Da liegen die Nerven schon mal blank.

Bei der Reparatur meines Notebooks hatte man auch kein glückliches Händchen. Erst ließ man mich eine Woche im Ungewissen wo und ob mein Notebook repariert wird und als es dann überraschend per Post geliefert wurde, fehlten tatsächlich fünf Schrauben am Gehäuse (von denen vier die Festplatte hätten halten sollen).

Das habe ich alles Frau Stolzenberg von Dell erzählt. Aber sie antwortet mir nicht. Vermutlich ist der Aktienkurs von Dell gerade etwas gesunken und sie musste mal wieder ein paar Mitarbeiter entlassen. Ich versteh's ja. Sonst werden ja die Shareholder böse.

Samstag, Februar 07, 2009

Das Reisen in den Zeiten der geistigen Cholera

Eine Entschuldigung vorab. Der hochtrabende Titel findet keine echte Widerspiegelung im folgenden Text. Aber ich fand ihn so hübsch, daß ich ihn nicht mehr ändern wollte.

Ich habe eine Reisemacke. Ich kann in Deutschland im Zug nur erste Klasse fahren. Das klingt nach Luxussucht, so ist es aber eigentlich nicht. Es geht mir weniger um bequemeres Reisen oder ein Abheben von der Masse. Der eigentliche Grund ist noch viel überheblicher. Denn obwohl ich zufällige Begegnungen und neue Eindrücke liebe und aufsauge wie ein Schwamm, kann ich in den wenigsten Fällen das erzwungene Zusammensein mit dummen Menschen ertragen. Das ist in den ersten Minuten und vielleicht auch eine Stunde lang witzig, interessant und tatsächlich bereichernd. Bei mehrstündigen Fahrten ist es aber nur noch ein Mordgrund. Und die Erfahrung zeigt, daß sich entsprechende Menschen in Zügen überproportional oft neben mich setzen. Das kann mir freilich auch in der ersten Klasse passieren, aber schlicht weil es dort weniger voll ist (und nicht weil dort smartere Menschen sitzen, nein!), ist das Risiko geringer.

Heute zweifelte ich aber mal wieder an meinem Reisekonzept. Das erste Drittel meiner Fahrt von München nach Berlin wurde von zwei älteren Frauen begleitet, die sich auf peinlich oberflächliche Weise über Gott und die Welt unterhielten; dabei zum Ausdruck ihrer Weltläufigkeit immer wieder zu schlechtem Englisch und Französisch mit schwerem Schweizer Akzent wechselten. Ich war mehrmals kurz davor meinen Kaffee in die richtige Richtung umkippen zu lassen. Alleine eine Sauerei-Nutzen-Analyse hielt mich zurück.

Aber Erleichterung war nah. Als die beiden endlich ausgestiegen waren, quartierten die Schaffner eine Mutter mit Sohn und Tochter aus purer Platznot in die erste Klasse um. Der Junge beschwerte sich lautstark und mit dröhnendem Gelächter, daß er zweite Klasse gebucht sei und höchstens noch die dritte Klasse akzeptieren würde. Später wollte das Mädchen dann ihren Schal als Fahrkarte aufdrängen ("meine gestrickte Karte!"). Irgendwie war die Welt wieder in Ordnung.

Vielleicht fahre ich doch im falschen Teil des Zugs.

Freitag, Februar 06, 2009

Das Lenbachhaus hat Kandinsky vergewaltigt

Jetzt habe ich mir endlich auch mal die große große Kandinsky Ausstellung gegönnt.

Es war ein bißchen fürchterlich.

Kandinsky war kein Freund von Kritikern. Und zwar nicht nur, weil er am Anfang seiner künstlerischen Arbeit ordentlich Gegenwind von dieser Seite bekommen hat. Er wollte, daß die Menschen seine Kunst ohne Vorurteile, ohne Vorwissen, quasi pur emotional erfassen konnten. Das weiß auch das Lenbachhaus, eine Mitarbeiterin des Hauses zitiert das gar im superlustigen (!) 30 minütigen Begleitfilm.

Aber was tun die Kuratoren? Sie statten die Besucher mit kleinen Geräten aus auf denen man die Nummer des betrachteten Bildes eintippt um dann einen endlosen Sermon von Interpretationen und Beschreibungen über sich ergehen zu lassen. Und geschätzte achtzig Prozent der Besucher tun genau das. Man drückt eifrig Tasten und erstarrt mit dem Gerät am Ohr von den Bildern. Für den Betrachter wirkt das als hätte sich eine Gemeinschaft von Dauertelefonierern im Kunstbau versammelt.

Kandinsky wäre wohl schreiend durch die Reihen gelaufen, hätte Geräte aus den Händen gerissen und demonstrativ auf dem Boden zertreten. Im Kunstbau ging jedenfalls kaum einer mehr unbefangen auf die Bilder zu. Ziemlich schade.

Am Rande: Da gibt es ja den superlustigen Begleitfilm zur Ausstellung. Der Kameramann hatte sich offensichtlich gerade erst einen Kran gekauft. Und der musste jetzt dringend refinanziert werden. Deswegen schwenkt, hebt und senkt sich das Bild auch als würden wir einen imperialen Luftkrieg beobachten. Man muß ihm das nachsehen, so ein Kran ist nämlich verdammt teuer.

Mittwoch, Februar 04, 2009

I hobn Past gsen

Letztlich bin ich froh, daß ich als Christ aufgewachsen bin. Denn alles andere hätte zu fatalen Verirrungen geführt. Wäre ich Jude gewesen, wäre ich jetzt Antisemit und wäre ich früher Muslim gewesen, würde ich jetzt den Islam geißeln – auch unpraktisch heutzutage. So wie es aber geschehen ist, hat sich aus meinem allgemeinen Befremden über alles Religiöse eine gesunde Abscheu dem organisierten Christentum gegenüber entwickelt. Das fühlt sich gut an und man hat unsympathische Gegner, was ja jede Form von Antipathie immer wohliger macht. Und es ist so wunderbar, daß mein Groll von der Amtskirche so brav gepflegt wird. Wo kämen wir hin, wenn mir plötzlich ein gewohntes Gefühl abspenstig gemacht würde. Ich schimpfe ja gerne viel allgemeiner über die mangelnde Intelligenz Gottes. Das katholische Bodenpersonal jedenfalls reicht dem allemal das Wasser. Geradezu komisch anzusehen wie sich im Moment die ganze Mitra-Prominenz in die Albernheit hinein redet. Ich glaube ja auch nicht, daß der gute Ratzinger ein verwurzelter Antisemit ist. Wenn, dann ist er ein Antisemit aus Dummheit und Nachlässigkeit. Vielleicht ist das aber in seiner Position noch schlimmer. Denn das waren auch schon mal welche.

Montag, August 18, 2008

Siemens

Mit großem Amüsement beobachte ich die Aufrufe meines Blogs aus dem Netzwerk der Siemens AG. Geduld, Geduld, der Artikel kommt noch...

Dienstag, Januar 08, 2008

Colombo Last

Es fühlt sich merkwürdig an Sri Lanka jetzt zu verlassen. Die Regierung hat den (sowieso nur noch dem Papier bestehenden) Waffenstillstand offiziell aufgekündigt. Pünktlich wenn er jetzt Mitte Januar ausläuft, endet auch die Regenzeit im Norden Sri Lankas, notwendige Voraussetzung für militärische Operationen. Man kann also getrost davon ausgehen, daß es dann wieder richtig los geht, sollte die internationale Staatengemeinschaft es nicht schaffen bis dahin einen Riegel vorzuschieben.

Vor zwei Tagen haben sich zwei LTTE-Kämpfer mit einer Handgranate selbst getötet um ihrer Festnahme zu entgehen. Man sieht also, daß hier beide Seiten einander alles erdenklich böse zutrauen.

Man möchte Sri Lanka nicht alleine lassen, wie man ein kleines Kind nicht alleine lassen möchte, weil man ahnt, daß es alleine nur wieder auf die Herdplatte fassen wird.

Trotzdem alles Gute! Leb wohl!

Im Cafe im Flughafen läuft im Hintergrund "Beyond the Sea" (von Bobby Darin?!). Was für ein melodramatischer Abschied.

Und! Fee! Danke für alles!!! Bis in 8!

Schlange stehen

Clash der Kulturen. Schlange stehen oder Traubenbildung? In Sri Lanka gibt es beides. Ein bißchen schwierig wird's wenn man sich nicht ganz einig ist was gilt. Im Supermarkt stellt man sich meist brav an. Aber auch da kann es passieren, daß nach einer Viertelstunde in der Schlange jemand von links heranpirscht und ganz selbstverständlich ein paar Sachen über die die Kasse streckt und bezahlen will. Lustig dabei: Die Kassierer lassen sich meist darauf ein. Da schwillt einem schon mal der Kamm – und nicht nur den bösen Westlern. Nur, wie reagieren? Wir können uns ja auch prima auf das Traubensystem einstellen (Ja, das kann ich ganz gut… J), aber ist man dann nicht wieder der anmaßende Kolonialherr, der sich vordrängelt? Schwierig, das.

Sonntag, Januar 06, 2008

Feinstaub

Ein Feinstaubproblem gibt es in Colombo nicht – eher ein Grobstaubproblem: Wenn ich abends ein nasses Taschentuch über mein Gesicht wische ist es schwarz. Weiße T-Shirts sind nach zwei Tagen tief grau.

150! 150!! 150!!!

Ich hätte gerne ein Schild. Ein ganz großes. Das würde ich dann so tragen, daß man es von der Straße aus immer sehen könnte. Und auf dem Schild steht: "NO! I DON'T NEED A RIDE!". Dabei geht das zugrundeliegende Problem eigentlich von mir aus. Denn meine Haut ist weiß oder rosa oder hellbraun – jedenfalls erkennbar europäisch. Und mit dieser Haut ist man die beliebteste Zielgruppe aller Three-Wheeler-Fahrer in Colombo.

Three Wheeler (auch Tuk-Tuk genannt) sind die populärsten öffentlichen Verkehrsmittel in Sri Lanka (eigentlich in ganz Asien). Man stelle sich eine Rikscha mit Motor vor oder eine Isetta ohne Türen. Ein Fahrer plus ein bis drei Kunden. Three Wheeler sind konkurrenzlos günstig (freilich, Busse sind billiger) und überall zu bekommen. Alle fahren mit ihnen, aber die beliebtesten Kunden sind Euopäer. An einem Tag habe ich sicher 200-mal den Kopf geschüttelt oder schon leicht genervt NO geschrien. Jedem dieser 200-male gingen eine Art Landeanflug auf mich voraus mit zwei bis drei Hupern und eifrigen Anbahnungsrufen.

Wieso sind wir so beliebt? Weil wir die Preise nicht kennen. Wir sind bereit das drei- und vierfache des normalen Fahrpreises zu zahlen, weil man uns erstens alles erzählen kann und zweitens sogar die überhöhten Preise immer noch spotbillig wirken. Das ändert sich freilich ein wenig, wenn man den ganzen Tag in der Gegend herum fährt – und wenn sich die Fahrten addieren, will man endlich sparen. Man erkundigt sich also bei lokal Kundigen nach den echten Preisen und beginnt zu verhandeln. Das läuft dann so: Man nennt die Strecke, fragt nach dem Preis, bekommt eine Zahl genannt, lacht erst einmal laut auf, nickt dem Fahrer freundschaftlich grinsend zu, um klar zu machen, daß man das Spiel kennt, dann macht man den eigenen Vorschlag, verhandelt noch ein bißchen hin und her – und belügt sich dann ausgiebig darüber, daß man sich einen richtig fairen Preis erkämpft habe.

Ok, es scheint einen Weg zu einem echten Preis zu geben. Eingesessene sagen, daß irgendwann jede Fahrt 150 Rupien (ca. 1 €) kostet. Einmal weil der Preis immer noch für jede Strecke in Colombo angemessen hoch ist und andererseits weil einem ein niedriger Preis wie Raub am Fahrer vorkäme. Ich habe den Eindruck, daß Conny diesem Nirwana schon nah ist, jedenfalls endeten alle ihre kürzlichen Verhandlungen immer mit 150. Ich bin neidisch.

Mittwoch, Januar 02, 2008

Change

In Sri Lanka herrscht Krieg. Krieg ums Wechselgeld. Die Automaten geben als kleinsten Schein 1000 Rupien (6,80 €) heraus und kleinere Scheine zu bekommen ist richtig richtig schwierig. Schon die Tuktuk-Fahrer behaupten meist kein Wechselgeld zu haben, um ihre wertvollen 50 oder 100 Rupien Scheine nicht opfern zu müssen. Wenn man sich vor der Fahrt auf ungerade Beträge geeinigt hat – Fahrpreise bewegen sich zwischen 100 und 300 Rupien – , lohnt es sich sehr ausdrücklich nachzufragen, ob der Fahrer auch Wechselgeld dabei hat. Sonst könnte es bittere Diskussionen bei Fahrtende geben. Heute gelang mir aber zufällig ein Coup: Ich kaufte ein kleines Netzwerkkabel für 150 Rupien und hatte wirklich nur einen 1000 Rupien Schein in der Tasche. Als der Verkäufer merkte, daß er noch nicht mal einen 500 Rupien Schein in der Kasse hatte, bildeten sich Schweißperlen auf seiner Stirn und ich entschuldigte mich scheinheilig, als er mit Hunderten und Fünzigern das Wechselgeld zusammenstellte. Aber verdammt, ich hätte gleich den 2000 Rupien Schein hinlegen sollen, den ich bis zu meiner Abreise aus Sri Lanka sicher nirgends mehr gewechselt bekomme.

Anschlag 2

Also ich bin ja wirklich weit weg davon irgendwelchen Verschwörungstheorien nach zu hängen und ich kann mir einen anderen Urheber als die LTTE nur schwer vorstellen. Aber ein bißchen merkwürdig ist es schon: Der Schaden ist einfach relativ gering. Auf 2-3 Metern sind im Erdgeschoß des Hotels die Fenster und Türen eingedrückt und dem Bus fehlen alle Fenster (die dem Hotel zugewandte Seite des Busses konnte ich aber nicht sehen). Zu 4 Toten und 20 Verletzten paßt das freilich schon, aber offensichtlich ist ein eher bescheidener Sprengkörper verwendet worden. Wieso? In Zeiten von Plastiksprengstoff dürfte es nicht schwieriger sein, größere Mengen an einen Anschlagsort zu schmuggeln!? Oder sollte der Anschlag nur begrenzt wirken? Wer sich an Anschläge im Irak oder in Israel erinnert, hat jedenfalls ganz andere Bilder vor Augen. Das Hotel Nippon hat freilich ein wenig Symbolik – es dient der Regierung regelmäßig für Pressekonferenzen. Zweite Merkwürdigkeit: Eine Stunde nach dem Anschlag wirken die Sicherheitsmaßnahmen und die Anspannung um den Anschlagsort und vor den Kasernen nicht sonderlich höher. Das kann freilich mit der hier typischen Nonchalance zusammen hängen. Man rennt hier zwar alle Naselang in irgendwelche Securitychecks, aber die werden so labrig ausgeführt, daß z.B. von ca. zehn Checks nur einer mein Pfefferspray im Rucksack entdeckt hat.

Anschlag

Jetzt gab es tatsächlich mal wieder einen Anschlag in Colombo. In der Nähe des Hotel Nippons im Norden der Stadt wurde mit einer vermutlich ferngesteuerten Bombe ein Militärbus angegriffen. 4 Tote 20 Verletzte. Naheliegend, daß das die LTTE war, die im Norden des Landes gerade in die Enge getrieben wird. Aber die Gerüchteküche kocht auch wild in andere Richtung nachdem gerade erst ein Abgeordneter der führenden Oppositionspartei ermordet wurde und die Opposition hier der Regierung so ziemlich alles zutraut.

Dienstag, Januar 01, 2008

Sponsored by

Merkwürdig: So ziemlich jeder militärische oder polizeiliche Checkpoint ist von Reklame eingekleidet. Meist sind es Banken, Versicherungen oder Supermärkte, die dort für sich werben. Straßensperren tragen oft großflächige Firmenlogos. Ich rätsele was dahinter steckt. Ist die Zielgruppe der gelangweilte Soldat oder der Tamile dessen Auto gerade auseinander genommen wird? Wäre dann nicht zumindest eine konkretere Verbindung zwischen Produkt und Aktion sinnvoll? Zum Beispiel: Ihre heutige Leibesvisitation wird Ihnen von C&A präsentiert! Neu einkleiden? Gleich hier am Checkpoint…

Montag, Dezember 31, 2007

Moloch

Colombo ist faszinierend. Auf den Straßen konstantes Drängeln. Vier Weltreligionen, die sich nur wenig auf die Füße treten. Der schnelle harte Wechsel von großen Firmen und schmuddeligsten Märkten. Glitzernde Clubs und bittere Armut. Eine arrogante Politikerkaste, harte Grenzen zwischen den sozialen Schichten, Rassismus gegen die Tamilen. Militärpräsenz an nahezu jeder Straßenecke. Eine riesige Stadt im Zentrum eines Schwellenlandes. Ich kann mich der Romantik der Härte dieser Stadt nicht entziehen.

Donnerstag, Dezember 27, 2007

My soul has been saved

Ich habe heute am Schrein des heiligen Zahns in Kandy Blumen niedergelegt. Mein Karma ist jetzt unendlich groß.

Elefanten 2

Nach den zahmen Elefanten des Waisenhauses waren wir nun auf der Suche nach wilden Elefanten. Zwei Stunden fuhren wir mit einem Jeep durch den Nationalpark Minnariya. Kein Elefant weit und breit. Dann auf dem Rückweg ins Hotel steht plötzlich am Rande einer gut befahrenen Hauptstraße ein wilder Elefant und wühlt mit seinem Rüssel in einem Müllberg. Im Gegensatz zu uns hatte er also beim Besuch im Menschenreservat gefunden was er gesucht hatte.

Mittwoch, Dezember 26, 2007

Internet is broken

Das hört man hier öfter und deswegen kommen die Blogeinträge leider in großen Schüben.

Militärhilfe

Die Ruinen von Polonnaruwa lassen sich ohne Fahrrad nicht erkunden. Das hatten wir etwas verschusselt und standen nun am Security-Checkpoint der Anlage. Um regulär ein Fahrrad zu mieten, hätten wir wieder einen Kilometer in die Stadt laufen müssen, ein unschöner Gedanke bei diesen Temperaturen. Aber ein Soldat sah unsere Not und witterte ein kleines Zubrot. Er bat uns ein paar Minuten zu warten und kehrte gleich mit ein paar reichlich bemitleidenswerten Drahteseln zurück. Die bekamen wir dann zu einem leicht überteuerten Preis, aber ansonsten nur per Handschlag zu Rückgabe angehalten, ausgehändigt. Was ihn und uns glücklich machte.

Buddhas Zahn

Religionen sind in ihrer Tiefe immer nicht leicht zu begreifen (man denke nur an das Dogma von der unbefleckten Empfängnis hinter dem theologische Kompliziertheiten sondergleichen stecken – die ich nie verstanden habe). Aber jede Religion muß dem Gläubigen oder dem der es werden soll etwas Greifbares in die Hand geben, eine Art Verdinglichung des Transzendentalen. Und dafür gibt es die Reliquie, die auch im Buddhismus ein beliebtes Transportmittel für die Nähe zu Buddha ist. Während im christlichen Glauben die eine oder andere Hand eines Heiligen oder Splitter vom Kreuz dann oft auch unter leicht grausigem Staunen tatsächlich zu sehen ist, gilt hier: Anschauen ist nicht. Denn die Reliquie – beliebt: ein Zahn – steckt unter einer enormen Kugel aus Backstein. Die größte dieser Halbkugeln – genannt Stupa –, die wir gesehen haben, hat eine Höhe von 75 Metern. Ziemlich riesig und wenn man sie ordnungsgemäß im Uhrzeigersinn umrundet hat, was wir freilich getan haben, ist man Buddha wieder ein Stückchen näher.

Auch eine geschickte Versinnbildlichung: Ein riesiger Baum, der aus einem Ableger des Original-Bodhibaums entstanden ist, also des Baumes unter dem Buddha seine Erleuchtung erlangte (ich hoffe, ich liege jetzt nicht komplett falsch). Der wird mittlerweile auch als der älteste historisch verifizierte Baum angepriesen und ist knackige 2000 Jahre alt. Und damit nicht der gemeine Borkenkäfer dem Pilgerstrom einen Abbruch tut, kümmern sich auch Gärtner-Profis intensiv um sein Wohlergehen.

Elefanten

Mit den Elefanten ist das so eine Sache. Sie faszinieren ja schon durch ihre pure Größe und mit ihren aus menschlicher Sicht unförmigen Proportionen wirken sie einfach liebenswert. Tatsächlich sind sie ja auch recht gutmütig, wenn man von Situationen absieht in denen auch wir Menschen ungemütliche Zeitgenossen sein können (Mütter mit Kindern und balzende Männer).

Nun haben die Elefanten-Waisenhäuser, in denen unter anderem einsame oder verletzte Elefanten aufgezogen werden, deswegen natürlich eine enorme Anziehungskraft auf Touristen. Und diese Waisenhäuser bedienen freilich Faszination und Sehnsucht nach Kräften. So standen wir mitten in einer Herde von Elefanten die gerade gefüttert wurden – zusammen mit einer Herde von Touristen, die gerne mit füttern wollten. Die menschlichen Bewacher luden zum Näherkommen ein: "You wanna touch?". Natürlich will ich und grinse dazu vermutlich ein bißchen glücklich blöde, woraufhin der Bewacher einen Elefanten am riesigen Ohr zu mir zieht. Das schmälert das Glück deutlich, denn ich wünsche mir doch, daß die Kreatur genauso neugierig auf mich ist, wie auf das sanfte Ungetüm vor mir. Der Elefant sieht aber gerade den hundertsten Touristen des Tages vor sich und hat ansonsten schlicht Hunger.

Später bebazt mich dann aber doch noch ein neugieriger junger Elefant ordentlich mit Lehm und schreit irgendwann ziemlich furchterregend, weil der Wärter nicht schnell genug mit der Milchflasche zur Hand ist. Die Menge aus Menschen stößt erschrocken zurück und man stellt doch ein bißchen befriedigt fest: Die Natur setzt dem Niedlichen schon recht sympathische Grenzen.

Gekochter Mais

Auf der Fahrt nach Sigiriya - wir sind ziemlich touristisch in einem klimatisierten Auto mit Fahrer unterwegs - sehe ich eine kleine Garküche am Straßenrand. Wir halten und ich kaufe einen in Salzwasser gekochten Maiskolben. Lecker! Die kleine Küche wird unter ärmlichsten Bedingungen von einem Ehepaar betrieben, die recht alt wirkten, aber das sicher nicht sind, sondern durch ein hartes Leben früh alterten. Ich frage sie vorsichtig nach Familie und Lebensumständen und nach etwas Scheu erzählen sie recht freimütig. Sie haben drei Kinder von denen das jüngste noch bei ihnen lebt und gerade an seinem Schulabschluss arbeitet, die mittlere Tochter ist Hausfrau geworden, aber der älteste Sohn von 25 Jahren arbeitet in einer kleinen Bank. Soziale Schichten wirken in diesem Moment erstaunlich durchlässig und unser Fahrer bestätigt das. Gute Bildungschancen eröffnen auch Ärmsten oft den Weg in scheinbar unerreichbare Positionen. Nichtsdestotrotz: der Krieg, staatliche Misswirtschaft und Korruption haben der Wirtschaft stark geschadet und die Armutsspange ist enorm. Ein fieses Phänomen: Gelegentlich werden alte Menschen die von der Familie nicht mehr ernährt werden können schlicht auf die Straße gesetzt und müssen sich dann mit Bettelei durchschlagen.

Colombo 1

Auf dem Flug von Dubai nach Colombo begann leider ein kleiner Migräneanfall und ich habe ihn in einem brachialen Anfall von Intelligenz noch durch ein Fläschchen Rotwein unterstützt. Deswegen konnte ich auch die Fahrt vom Flughafen in die Stadt nicht richtig genießen. Conny hat mich mit einem Taxi vom Flughafen abgeholt und der Fahrer fuhr so wie man hier eben fährt. Ich kannte aus Georgien schon das kreative Eröffnen neuer Fahrbahnen je nach Bedarf und Platz, und das macht man hier ähnlich. Nur daß man dafür auch großzügig die Gegenfahrbahn benützt und zwar nicht nur wenn Platz ist, sondern auch wenn man meint sich im Gegenverkehr Platz schaffen zu können. Besonders erfolgreich sind dabei Busse, die durch schiere Größe und Wucht den entsprechenden Respekt zum Ausweichen auslösen. Trotzdem: Auch wenn der Verkehr auf den ersten Blick halsbrecherisch wirkt, keiner möchte einen Unfall verursachen und im letzten Moment weicht man immer irgendwie aus, findet irgendwo eine Lücke oder bremst auch mal abrupt. Die hohen Todeszahlen im Straßenverkehr rühren wohl eher von einer kompletten Antipathie gegenüber Gurten und der beliebten freien Fahrt auf LKW-Ladeflächen.

Mir war jedenfalls nach der ungefähr einstündigen Fahrt so richtig schlecht und unter den überraschten und mitleidigen Blicken von Müllmännern und Nachbarn habe ich zur Begrüßung erst mal in die Bete vor Conny Haus gekotzt.

Donnerstag, Dezember 20, 2007

Dubai

Ich steige um. Richtiger: Ich sitze rum. Um in die Stadt zu fahren ist die Zeit zu kurz. Zum Umsteigen ist sie eigentlich viel zu lang. Ich werde drei Stunden im Transitbereich des Flughafens verbringen und die Zeit wird schon nach einer Stunde sehr lang.

Erster Stock die Gates, ein Stock tiefer das Duty Free Shopping vom Feinsten. Wer noch schnell eine neue Rolex oder einen BMW 7er sein Eigen nennen will, ist hier richtig. Und es wollen viele. Viel Trubel, alles glitzert.

Oben bei den Gates mischen sich Luxus-Lounges und Imbisse mit Bahnhofscharme. Und weil hier so viele Passagiere zu nachtschlafener Zeit umsteigen, gibt es auch ein "Silent-Gate" in dem man sich in die unbequemen Sessel lümmeln kann. Die meisten die Schlaf brauchen, legen sich aber einfach gleich auf den Boden und das so ziemlich überall.

Vorsicht bei der Toilettensuche! Wo an der linken Tür Frau und an der rechten Mann steht, kann man sich auch schnell in einer Moschee wiederfinden.

Reisen

Reisen beginnt nicht beim los fahren. Reisen beginnt wenn das Gepäck eingecheckt ist. Einer der großartigsten und befreiendsten Momente beim Reisen ist der Moment in dem man an der Gepäckauswahl nichts mehr ändern kann.

Ich nehme grundsätzlich zuviel mit, quäle mich mit den Entscheidungen und Prioritäten. Ich habe nie nie nie zuwenig mitgenommen. Und ich scheue ich mich auch nicht zuzugeben, daß ich am Abend vor einem Abflug kleine Listen auf Post-Its schreibe um am nächsten Morgen auch sicher zu wissen, was ich in letzter Sekunde noch zu tun habe.

Eigentlich ist das ja ein wenig traurig, denn zum Reisen gehört ja gerade dieses Moment der Unberechenbarkeit dessen was jetzt kommt.

Zu meiner Glücksrechtfertigung sei gesagt, daß sich Freiheit, Glück und Freude sofort bei der Abgabe des Gepäcks einstellen. Das Gefühl jetzt tatsächlich ein wenig Spielball fremder Umgebungen, Kulturen und unerwarteter Begegnungen zu sein, ist schlicht unbezahlbar und ich suhle mich darin.

Donnerstag, Dezember 14, 2006

Dienstag, November 28, 2006

Leserbrief zu „Wem gehört das Wissen?“ Zeit Nr. 46 - 9.11.2006

Da die Zeit meinen Leserbrief offenbar nicht veröffentlichen will (wie frech!), ist er jetzt hier zu lesen...

 

Am 11.11. kurz nachdem der Videoverleih die DVD von „Schläfer“ an den Handel ausgeliefert hatte, entdeckte ich unseren Film auf den einschlägigen Internetseiten mit Links in die Tauschnetze. Obwohl der Film bisher mehr ein Feuilleton- als ein Markterfolg war, wurde er also blitzschnell kopiert. Und ein Testdownload bewies, daß sich gleichzeitig mehrere Hundert Internetnutzer des Films habhaft machten.

Zugegeben, ich war erst mal ziemlich geschockt. Nicht, daß ich mir aus dem DVD-Verkauf einen enormen Erlös erwartet hätte – wer das Geschäft kennt, weiß, daß bei einem anspruchsvollen Kinofilm wenig bis gar nichts beim Produzenten ankommt – aber in diesem Moment standen mir doch die mehrjährige Mühen des Regisseurs und der Produzenten vor Augen. Und da wird man einfach erst mal sauer.

Trotzdem hat sich meine Ansicht auch durch dieses Erlebnis nicht geändert:

Tauschnetze wird es immer geben und die Technik wird sie zunehmend unangreifbar machen. Was im Kleinen schon getestet wird – die komplette Verschlüsselung des Datenverkehrs zwischen den Knotenpunkten – wird irgendwann für die Masse zugänglich sein und eine Strafverfolgung wird dann schlicht und einfach unmöglich werden. Selbst das Verbot von Verschlüsselung wird dann nichts nützen, da sich verschlüsselter Datenverkehr immer auch unter „normalem“ verstecken läßt.

Diese Realität und die Erfolglosigkeit der Abschreckungsmaßnahmen bisher kann nur zu einem Ergebnis führen. Die Lizenzzahlungen für solche „Nutzung“ müssen auf andere Weise erzeugt werden. Und es ist erstaunlich wie unkreativ, stur und ineffektiv die Filmwirtschaft bis dato darüber nachdenkt. Die Versuche mit neuen Portalen alternative legale Angebote zu schaffen, scheitern dabei insbesondere an den rechtlichen Hindernissen die Filme gleichzeitig mit dem Kinostart verfügbar zu machen. Und während es die Kulturflatrate in Form der GEZ beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen ja schon gibt, fühlt man sich im Internet offenbar an der Ehre gepackt. Dabei verpaßt man die Chance an einem neuen Markt teilzuhaben; einem Markt der quasi von Nutzerseite aus gewachsen ist.

Über Details einer solchen Abgabe kann man dann freilich streiten, aber die Bandbreite des Internetanschlusses erscheint als logischer Anknüpfungspunkt für die Höhe eine Gebühr. Und welche Filme bzw. welche Musik in welchem Maße aus dem Internet gezogen werden, ist in den Tauschbörsen meßbar. Die Verteilungsquote festzulegen ist also ein weit geringerer Aufwand als bei anderen Verwertungsgesellschaften.

Und daß da einige böse Buben ihrer Strafe entgehen? Damit kann ich gut leben, solange unsere Leistung am Ende doch entlohnt wird. Und das wird nur über eine Kulturflatrate funktionieren.

Montag, Oktober 30, 2006

T-Home (IPTV von der Telekom) fördert den familiären Zusammenhalt

Also ich muß ja zugeben, ich bin ziemlich verrückt nach neuen technischen Sachen. Ich hatte in meiner Jugend sicher als erster in meinem Freundeskreis einen Anrufbeantworter, als erster ein Mobiltelefon, als erster einen Computer. Nicht das alles wirklich mein Leben einfacher gemacht hätte. Aber ich mußte es haben und ausprobieren.

Am Rande: Kann sich noch jemand erinnern, wie man sich ohne Anrufbeantworter und Handy im Freundeskreis verabredete? Zu Festen fuhr ohne gleichzeitig schon die Stimmung vor Ort zu eruieren? Es war, mit Verlaub, eine sehr entspannte Zeit.

Zurück zum Ausprobieren. Die Marketing-Welt hat für Menschen wie mich den lustigen Ausdruck Early-Adaptor erfunden. Das klingt toll. Und versteckt, daß man eigentlich nicht mehr ist als ein dummer Beta-Tester, der der Industrie hilft Kinderkrankheiten auszumerzen.

Trotzdem. Jetzt will ich IPTV! ich will Fernsehen übers Internet empfangen - in HDTV, zig Kanäle gleichzeitig aufzeichnen, im WLan mit dem Notebook auch auf dem Balkon versehen, Filme downloaden statt zur Videothek zu rennen.

Naja. Zumindest will ich es mal ausprobiert haben. Als Erster.

T-Home heißt das neue IPTV Angebot der Telekom. Und es scheint das zu können. Zentrum des Systems ist eine Box, die an den Fernseher (oder irgendein anderes Projektionsgerät) auf der einen Seite und ans Internet auf der anderen Seite angeschloßen wird. In der Box steckt wohl eine spezielle Variante des Microsoft Media Center PCs, an sich keine schlechte Software, zumindest gibt es (noch?) keinen wirklich handfesten Wettbewerber. Zusätzlich zu den üblichen Media Center Fähigkeiten decodiert dieses Gerät den jeweils abgerufenen und verschlüsselten Stream, damit kein Schwarzseher sich die Daten vom Telekom-Rechner klaut.

Das könnte - technisch gesehen - freilich auch eine entsprechend modifizierte Software auf meinem PC oder Notebook. Und es würde Sinn machen. Denn ich will ja die Verfügbarkeit des Fernsehprogramms über die Internetleitung gerade nutzen, um verschiedene Endgeräte davon profitieren zu lassen. Wie gesagt: Fernsehen auf meinem Balkon.

Aber es geht nicht. T-Home gibt's nur durch die Box (für die ich 99 Euro hinlegen muß). Wenn ich in einem anderen Raum auf einem anderen Gerät fernsehen will, brauche ich eine zweite Box. Notebooks bzw. Wlan-Zugriff sind in der Gedankenwelt der T-Home-Macher nicht vorhanden. Das klingt ziemlich albern, aber ich habe es mir wirklich gerade von der Telekom bestätigen lassen.

Was heißt das also? Wir kehren zurück in die Zeit, als es nur im Wohnzimmer einen Fernseher gab und alle sich dort versammelten, wenn es etwas zu sehen gab.

Wie kommt's? Ich denke, es ist gar kein technischer Rückschritt, den die Telekom da verbrochen hat. Nein, es ist ein familienpolitisches Feature! Man muß sich wieder um ein Gerät streiten und darf/muß sich bei der Samstagabend-"Unterhaltung" wieder in den Armen liegen. Die Telekom hat das technische Kaminfeuer quasi neu erfunden. Deutschland wird wieder ganz eng zusammen wachsen.

Und das war nur der Anfang: T-Com und T-Online werden zuerst die Mobiltelefone wieder abschaffen und dann ihre Internet Backbones abschalten. Das hat sicher Frau von der Leyen schon befohlen. Recht so.

Dienstag, Oktober 17, 2006

Schinken-Käse

Wenn jemand mal zuviel Zeit hat, soll er mir doch bitte mal erklären, wieso es Schinken/Käsebrote gibt. Jede Bäckerei hat auf ihren Schinken- oder Salamisemmeln auch Käse. Wieso? Wer will das? Ich schmiere doch auch keine Nutella auf meine Brezen. Purer Käse und Fleisch passen einfach nicht zusammen und mir ist schleierhaft wie dieser Irrgeschmack so massenhaft den Weg in die Herstellung gefunden hat. Mindestens hier haben die Juden schlicht recht. Also mit Ausnahme von Toast Hawai freilich.

Samstag, Oktober 14, 2006

tiblisi last

Ich warte am flughafen um vier uhr morgens auf den aufruf meines fluges. Es herscht wundervolles chaos. Wo man boardet, wird mehr oder weniger verständlich (eher weniger) durchgesagt und es prägt sich besonders das bild des ängstlich horchenden reisenden ein, der fürchtet seinen aufruf zu verpassen. Der metallpipser am eingang zu den gates schlug bei mir heftig alarm. Aber da der zuständige beamte gerade im gespräch war, fühlte sich niemand so richtig verantwortlich und ich ging ein wenig irritiert weiter. Sollte ich nicht ankommen, hatte ich also doch eine bombe dabei.

Tbilisi 3

Es wir immer feuchter. das wasser fließt in strömen über die straßen. Mein spaziergang durch die altstadt hat mich zwar begeistert, aber trotz eines kleinen schirms, den ich gerade bei einem chinesen gekauft habe, reichlich durchnäßt hinterlassen. Aber: wildromantische häuser mit wunderschönen balkonen! Unrenoviert aber mit riesigem potential. Trotzdem ist das courtyard marriot für meinen cappuchino jetzt der deutlich entspanntere platz. Nach der riesigen anzahl an security angestellter (ohrknopfträger) zu urteilen, wohl einer der sichersten oder unsichersten plätze der stadt.

Freitag, Oktober 13, 2006

Tbilisi 2

Es regnet und regnet und regnet. Ich sehe also nicht ganz soviel wie ich will.

Aber gestern konnte ich immerhin noch ausfuehrlich Fees und Kaestners Ratschlaegen folgen und von Taverne zu Taverne ziehen. Mit einem polnischen Regisseur war ich auf der Suche nach Tbilisis Nachtleben. Und pardon, es existiert quasi nicht. Bars sind ab halb eins voellig leer. In jedem neuen Pup, das wir ansteuerten wurden wir von mindestens fuenf unterbeschaeftigten aber entzueckenden Bedienungen umworben. Verbunden mit der meistens vollstaendigen Sprachbarriere und vereinzelten Betrunkenen fuehlten wir uns wie in fruehen Lynch-Filmen. Wir waren hilflos, aber fasziniert einem Strom absurder Eindruecke ausgeliefert.

Donnerstag, Oktober 12, 2006

Tbilisi, Georgien

Es fällt ein wenig schwer direkt aus der westlichen Welt hier her reisend mit objektiven und fairen Maßstäben dieses Land und diese Stadt zu beschreiben. Zu sehr vergleicht man. Vielleicht gibt sich das mit der Zeit. Ich werde nicht lange genug da sein. Man vergebe mir also einiges.

Das Flugzeug der Georgian Airways war eine 737, die wirkte auch gut gepflegt und der Pilot nüchtern. Insofern alles beruhigend. Bemerkenswert auch. daß der Pilot erkennbar sanfter aufsetzte, als ich das mit so ziemlich jedem Lufthansaflug erlebt habe. Der Kaukasus fing trotzdem schon während der Landung an. Eine Landebahn aus Betonplatten mit dem typischen Rilleneffekt. Das Ausrollen also dann erstmal etwas ungewohnt mit rasantem Holterdipolter.

Aus dem Fenster sah ich dann gleich den ersten Hinweis auf hektische Diplomatie und die Rolle der Amerikaner in Georgien. Ein diskretes Regierungsflugzeug der USA stand da; komplett in weiß mit einer klitzekleinen US-Fahne am Heck und einer ebenso winzigkleinen ID-Nummer. Oder wars der CIA? Naja, der hätte wohl auf die kleine Flagge noch verzichtet.

Die Fahrt vom Flughafen offenbart dann noch die Armut des Landes - große Leere und viele verlassene Gebäude. Die Atmosphäre erinnert ein wenig an Überlandfahrten in Spanien oder Süditalien.

Aber Tbilisi! Rasant! Wild! Es kocht! Es mischt sich geschäftiges Treiben mit bitterer Armut. Skurilles Massenherumstehen neben dem stetigen Fluß der Fußgänger auf den überfüllten Gehsteigen und einer riesigen Masse an kleinen Händlern, zum Teil in Läden, zum großen Teil einfach auf der Straße.

Und Fußgänger und die Autos! Während ich noch kürzlich New York für den Akt des mutigen Querens gepriesen habe, ist es hier wahrlich ein Abenteuer. Acht-spurige Straßen die konsequent zehn-spurig genutzt werden, gilt es zu überwinden. Dafür braucht es Timing, Balance und einen gewissen Grad an Todessehnsucht. Denn mehrere Spuren auf einmal zu nehmen ist nicht immer möglich. Es gilt also günstige Zwischenhalts mitten zwischen den Autos auszumachen und dabei den dauernden Spurwechseln möglichst nicht im Weg zu stehen.

Mein Aufenthalt hier wird übrigens deutlich kürzer als geplant. Weil ich doch nicht bis Süd-Ossetien kommen werde, breche ich früher auf und da die Flüge der (günstigen) Georgia Airways nur sehr sporadisch nach Amsterdam fliegen sogar deutlich früher als von mir gewünscht. Aber da Tbilisi im Moment einem Dauerregen ausgesetzt ist und ich mir vorgenommen habe, wieder zu kommen ist der Zeitplan so vielleicht doch nicht so schlecht.

Fee, ich komme am 14. irgendwann am späten Vormittag aus Amsterdam an. :-)

Ja, Süd-Ossetien. Die allzu kurzfristige Planung hat es leider unmöglich gemacht in die Region zu reisen. Die Süd-Ossetien hätten es wohl zugelassen, aber das Georgische Presseamt im Außenministerium liebt ganz so kurzfristige Reisen nicht und mir liegt viel daran danach wieder nach Georgien gelassen zu werden... Aber man war für spätere Pläne aufgeschlossen und so werde ich wohl wieder kommen müssen... Die georgische Vize-Leiterin des Presseamtes hatte übrigens ganz passend das Buch "Crisis Diplomacy" auf dem Schreibtisch liegen.

Hauptgrund für das Aufschieben meiner Süd-Ossetien Pläne ist aber, daß ich die vermutlich interessantesten Ansprechpartner in dem Konflikt nicht unsinnig bedrängen will. Die OSZE wird im Moment mit Presseanfragen bombardiert und gerade im Moment finden wichtige Gespräche statt die viele Mitarbeiter dort binden. In dieser Situation auf ein Begleiten von z.B. von Militärbeobachtern zu drängen, wäre eher kontraproduktiv. Immerhin hatte ich die Gelegenheit zu einem sehr informativen Gespräch mit einem politischen Beobachter (meine sinngemässe und hoffentlich nicht zu abwegige Übersetzung von "political officer").

Jetzt gehe ich mal ein paar Filme sehen, damit mein Gastgeber, das Filmfest, auch was von mir hat.

Samstag, September 23, 2006

nyc - letzte meldungen

In China-Town wird verdammt viel gehupt. Da ist auch ein wenig wohlwollende Warnung dabei, wenn ein Fußgänger allzu mutig die Straße überqueren will, aber im großen und ganzen ist es schon Ausdruck eines großen mächtigen Drängelns. Jeder will ein wenig schneller sein als der andere und seien die Straßen noch so verstopft (und das sind sie andauernd). Und wenn es mal hakt wird gehupt auf Teufel komm raus. Ich habe gerade mal an einer Kreuzung gezählt: Ich kam auf 19 Huper pro Minute - und ich habe da keinen Ausreißer nach oben erwischt.

In Starbucks habe ich beim Öffnen meines Notebooks einen halben Liter Chai-Tee auf Stühle und Gäste verteilt. Wieviel Sorgen sich sogar Betroffene um mein Notebook gemacht haben, (dem nichts passiert ist) war schon sympathisch. Ziemlich professionell war freilich, daß mir gleich ein neuer Chai-Tee gebracht wurde.

Meine große Reisetasche verlor auf dieser Reise ihre strukturelle Integrität. Also machte ich mich auf eine neue zu kaufen. Der Einstiegspreis beim Chinesen nebenan war 40 $. Langes Zögern meinerseits drückte ihn auf 35 $. Und als ich log nicht mehr als 30 $ dabei zu haben, waren wir handelseinig. Das ging nur so leicht, daß ich befürchte immer noch fürchterlich über den Tisch gezogen worden zu sein.

Nun gut, für eine Wiederholung meiner Streifzüge durch Harlem und Bronx hat es diesmal zeitlich nicht gereicht. Aber wenigstens eine nächtliche Erkundung von China-Town sollte noch sein. Und so bin ich heute bewaffnet mit meiner Kamera durch die weniger besuchten Viertel gegangen. Spannend, düster und noch sehr viel weiter weg vom "westlichen" Teil New Yorks nur wenige Straßenblocks entfernt. Wirklich bedroht kam ich mir aber auch da nicht vor. Obwohl es Gruppen gab, von denen ich das Objektiv sehr demonstrativ weggehalten habe, um keine unangenehmen Mißerständnisse aufkommen zu lassen. Immerhin sind große Teile China-Towns noch in der Hand mehr oder weniger großer Gangs. Die tragen ihre Zwiste aber eher untereinander als mit Langnasen aus. Eine kleine Jagd von Zivilpolizisten nach einem Ganoven konnte ich noch beobachten. Geschnappt werden sie ihn wohl eher nicht haben.

Bye, New York. C U!

Den nächsten Reisebericht wird es Mitte Oktober aus Georgien geben.

Freitag, September 22, 2006

manhattan 2

Eric bestreitet meine gefühlsduselige Ansicht, daß die New Yorker freundlicher zueinander geworden seien. Ich glaube immer noch daran.

Noch viel interessanter eigentlich unsere ausführliche Diskussion über die brachialen und letztlich unlösbaren Schwierigkeiten zwischen Mann und Frau unter besonderer Berücksichtigung von Sex, Familie, Kindern, Einsamkeit und dem rasanten älter werden.

Dazu gab es Muscheln auf Pasta mit Krabben. Davor ein kleiner Auberginen-Kuchen. In einem französischen Lokal in China-Town.

Eines der schönsten Gefühle, wenn man glaubt Teil der Stadt geworden zu sein: Heute wurde ich dreimal nach dem Weg gefragt.

Gestern kam ich zufällig am New Yorker Hauptquartier der Hells Angels vorbei. Und die haben ja nun wirklich ein gefestigtes Bad Boy Image. Aber siehe da: Man trennt Müll. Kann so jemand wirklich böse sein?

Immer wieder großartig: Die Subway. Wieso gibt es in München eigentlich keine Express-Züge (halten nur an wenigen Haltestellen)? Das ist vermutlich eine der genialsten Ideen öffentlichen Verkehrs.

Und ja, Fee, ich war im Gap. Mit kichernden Verkäuferinnen.

Morgen letzter Tag. Und ich will schon wieder nicht weg.

Mittwoch, September 20, 2006

taube

Noch was... Heute hat mir das erste mal in meinem Leben eine Taube auf den Kopf geschissen. Was das auch immer für einen mystischen Hintergrund haben mag... :-)

9/11

Es sieht aus, als wären Wunden und Schmerz zusehends mit Schorf bedeckt. Natürlich hatte New York einen unvorstellbaren Schock zu verarbeiten. Aber es scheint zu gelingen. Ground Zero ist zur Baustelle geworden, an der erkennbar Neues entsteht, ohne das Alte zu überdecken. Die New Yorker wirken beileibe nicht mehr so paralisiert, wie es kurz nach 2001 berichtet wurde. Aber sie scheinen näher zusammen gerückt zu sein, sind freundlicher zueinander (man hält sich tatsächlich gegenseitig die Tür auf - das war vor 10 Jahren noch nicht so) -die eigene Verletzlichkeit hat sich doch ins Bewußtsein eingebrannt. Aber auch der Wille und die Fähigkeit solche Schläge zu absorbieren.

Und noch etwas fällt auf, ohne daß ich sagen kann, ob es mit 9/11 in Zusammenhang steht oder nicht: die New Yorker haben sich ihre eigenen Regeln zurückerobert. Noch 1997 konnte ich den Giuliani-Stil überdeutlich spüren. An roten Fußgängerampeln hielt man an. Das war einmal. Ich habe gerade den Test gemacht und bin bei roter Ampel über eine viel befahrende Straße gegangen. Ein einziges Hupen, der Rest hielt halt kurz an oder machte eine kleine Kurve. Zwei Polizisten zuckten noch nicht einmal mit der Augenbraue.

manhattan

Bush ging, ich kam. Wir mussten ein paar Warteschleifen drehen bis Airforce One wieder gestartet war, dann durften wir landen. War mir aber natürlich ganz recht so. Wenn ich ihm noch begegnet wäre, hätte ich nur mit Mühe ein paar Höflichkeitsfloskeln herauspressen können.

Ich war wirklich aufgeregt wie ein Kind zu Weihnachten als ich in die Stadt fuhr. "I never feel strange when i come to Manhatten. I always feel like at home", sagte mein moslemischer Taxifahrer. "Absolutly", habe ich breit grinsend gesagt.

Wir haben dann noch lange diskutiert, wieso man sich in New York eigentlich so frei fühlt. Und wir waren uns irgendwann einig, daß es eine Form von Würde ist, die hier jedem gewährt wird bis hin zum Obdachlosen auf der Straße.

Klar, über solche Romantik läßt sich aus der Sicht eines wohlgenährten Westeuropäers leicht reden. Aber den Stolz und die Würde spürt man bei wirklich jedem mit dem man spricht und wenn es ihm sonst auch noch so dreckig geht. Und davon gibt es immer mehr hier. Manhattan wird laufend teurer, so daß viele ärmerer Schichten in Massen zum Arbeiten nach Manhattan pendeln um abends in die günstigeren umliegenden Manhattans zurück zu kehren.

Ich wohne in China-Town bei Eric einem befreundeten Regisseur und Kameramann, der hier mit seiner Freundin ein wunderbares Loft bewohnt. Ich habe bis jetzt nie so nah an Downtown mein Lager aufgeschlagen und es gibt wohl kaum einen Ort, an dem man gleich vor der Haustür so intensiv in diese Menschenmischung, dieses Chaos, diesen Dreck und diesen wunderbaren typischen Geruch der Stadt (ich befürchte andere werden die Nase rümpfen) geworfen wird.

Merkwürdig über was ich mir noch Sorgen mache. Ob ich im Joggingdress mit der Subway fahren kann, um im Central Park ein paar Runden zu drehen. "Nobody, really nobody will care", lachte Eric.

Gleich wandere ich weiter in den Süden und werde mir die gigantische Wunde ansehen. Als ich das letzte Mal hier war, standen die Türme noch. Und ich erinnere mich tatsächlich Münchner Bekannte auf einer Party in einem der höchsten Stockwerke getroffen zu haben.

Dienstag, September 19, 2006

Versöhnt

Heute habe ich mich mit North Carolina versöhnt.

Nachdem meine beiden entzückenden Mitreisenden Jules und Ben das Weite gesucht haben, bin ich heute mutterseelen alleine aufgebrochen den Staat weiter zu erkunden.

Ich bin praktisch nur übers Land gefahren, bin Städten ausgewichen und habe verlassene Ecken gesucht.

Und da zeigte sich doch ein anderes Bild als das des künstlichen Charlottes und seiner Trabanten. Gelegentlich waren die Szenen so urwüchsig und entzückend kitschig amerikanisch, daß ich mich spontan verliebt habe.

Zuerst fällt freilich auf, daß die Amerikaner sich wahnsinnig Mühe gegeben haben, ihre Einwohner auf diesem riesigen Land möglichst gleichmässig zu verteilen. Das ist so ungefähr so, als würden sich auf einer Party 10 Leute in einem 100 Quadratmeter-Raum so zerstreuen, daß sie sich nur noch durch Zurufe verständigen könnten. So ganz hat sich mir nicht erschlossen, wieso man hier so panische Angst vor Siedlungsbildung zu haben scheint.

Gleichzeitig liebt der Amerikaner erkennbar sein Haus. "My home is my castle" trifft es dabei nur ungenügend. "My home is my painting" kommt der Wahrheit näher. Und der vielgerühmte Südstattenstil, kann in den meisten Fällen nur eine verzweifelte Ausrede für den oft überbordernden Schmuck sein. Aber ehrlich: Es ist wunderbar.

Das ganze gehört natürlich noch geschützt. Deswegen steht vor jedem zweiten Haus auch eine kleine oder größere amerikanische Flagge. Ein Symbol, daß bei diesem Overkill an Fahnen für den Außenstehenden auch nur noch bedingt zur Identifikation geeignet ist.

Das Christentum ist hier allgegenwärtig. Ich befinde mich ja schon in den ersten Ausläufern des Bible-Belts und das sieht man. Ich staune, wieviele christliche Religionen es hier gibt. Wegen der kleinen Grundstückspreise scheint sich jede noch so kleine Glaubensgemeinschaft Ihren Palast gebaut zu haben. Aber auch Container-förmige Kirchen findet man. Und immer wieder rührende Reklamesprüche aus der Moral-Mottenkiste. Aber sogar mir altem Agnostiker ist immer wieder das Herz aufgegangen. Ich glaube, ich bin heute ein wenig Amerika-sentimental geworden.

Und ich war wieder in einem Supermarkt und siehe da, ich fange an den Warenüberfluß zu geniessen. Und noch schlimmer: Heute habe ich das erste Mal auf einem Parkplatz das Auto um 30 Meter versetzt, weil ich noch in einen anderen Laden auf der anderen Seite schauen wollte. Peinlich. Aber ich werde es wieder tun.

Auf dem Rückweg fuhr ich mitten in einer Waldwüste (will sagen: viel Wald, aber keine Häuser) an einer Sattlerei vorbei. Ich stieg aus, machte zwei Fotos und klopfte. Es öffnete der vielleicht 80-jährige Inhaber, natürlich schon längst in Rente, aber unfähig von seiner Lebensarbeit zu lassen. Kunden seien mittlerweile freilich rahr, gab er zu, aber er führte mir stolz die schweren Lederverarbeitungsmaschinen vor. Ich verstand seinen Akzent nur schwer, aber seine Augen leuchteten soviel Sprache, daß wir uns auch lächelnd anschweigen konnten. Jetzt habe ich eine kleine Gürtelschnalle als Souvenir und bete, daß die Fotos etwas geworden sind, die ich versprochen habe ihm zu schicken.

Da ich am letzten Tag in North Carolina Selbstzahler geworden bin, bin ich noch in ein Motel umgezogen. Und tatsächlich man hört den Autoverkehr nicht - denn der wird von der Klimaanlage übertönt. Aber ich bin jetzt, weg vom Stadtzentrum Charlottes, erst wirklich in North Carolina angekommen.

Morgen: New York, ich komme. Und ich bin ängstlich aufgeregt, ob ich Dich nach so vielen Jahren wieder erkenne.

Sonntag, September 17, 2006

Oktoberfest / Clubs

Also über die deutsche Community kann ich jetzt gar nichts lästerliches sagen. Ganz ehrlich. Deswegen lasse ich es auch schweren Herzens. Oktoberfest, liebe Fee, wurde übrigens nicht gefeiert.

Oktoberfest wurde aber in einer verrauchten Billiardbar in Charlotte gefeiert. Zumindest machte plötzlich die Kellnerin mit kleinen Plastikbechern und 0,1 cl Portionen angeblich original bayerischen Oktoberfestbieres die Runde und pries den Anfang der Wiesn. 0,1 cl. Mit so etwas macht man keine Witze.

Ach und endlich habe ich das Herz des Carlotter Nachtlebens kennen gelernt. Unsere quasi einheimische Führerin schleppte uns in den angesagtesten Club der Stadt und das war wiedermal... interessant. Wenn man den 25 entwachsen ist, geht man hier nicht mehr in Clubs, sondern in Bars. Wir standen und sassen also zwischen schwer vor-, haupt- und nachpupertierenden Kids, die unheimlich unter Druck standen, daß genauo diese Nacht die Nacht ihres Lebens würde. Die Mädchen, so wurde es mir beschrieben und so sah ich es auch, begaben sich dabei in eine Art Duldungsstarre und warteten reichlich kichernd darauf von irgendwelchen Typen angefummelt zu werden, deren einzige offensichtliche Qualität darin bestand, daß ihr Promillegehalt genauso hoch war wie der eigene. Ich will das gar nicht moralisieren, aber es wirkt einfach fürchterlich traurig.

Natürlich waren wir selber nicht traurig, sondern genossen die Nacht auf einer offenen Terrasse über dem Zentrum von Charlotte und machten erniedrigende Fotos vom Geschehen.

Tagsüber waren wir noch ein wenig im Nord-Westen von Charlotte an einem See. Und wir konnten feststellen, daß die Häuser plötzlich ganz hübsch werden können, wenn man nur weit genug von der Stadt weg ist. Zwischendurch gab es ein wenig richtige Südstattenidylle.

Weniger Idylle aber schwer beeindruckend sind die riesigen Supermärkte auf dem Land. Wir bösen Europäer haben sie natürlich sofort ein wenig als Auslöser, Symbol und Gleichnis für die amerikanische Seele (und Außenpolitik!) gesehen. Wer im Umfeld eines solchen Supermarktes aufwächst und eine funktionierende Kreditkarte sein eigen nennt, kann eigentlich per se kein guter Mensch mehr werden.

Samstag, September 16, 2006

Google Ads

Ich habe aus Versehen diese Google Ads Zeile eingeschaltet und weiß leider im Moment nicht, wie ich sie wieder weg bekommen soll. Man verzeihe mir.

Künstlich

Wir waren auf dem Land. Das heißt wir sind eigentlich nur aus Charlotte heraus eine Landstraße immer geradeaus gefahren. Interessant. Zum einen gab es diese typische Anneinanderreihung von Automärkten, kleinen Malls und Restaurants, die keine Siedlung ausmachten sondern als unendlicher Strang an den Rand der Straße geklebt waren. Zum anderen tauchten immer wieder wie Inseln Retortendörfer auf, zu hunderten von vermutlich dem einen und selben Architekten designt. Immerhin da ähneln sich Charlotte und die deutsche Seele. Den auch deutsche Bauvorschriften schaffen ja gerne diesen Einheitslook. Man ahnt aber hier doch eine gewisse Freiwilligkeit und Begeisterung für das wohnliche in Reih und Glied stehen.

Heute werden wir auf einem Sommerfest der deutschen Community auftauchen. Ich fürchte mich ein wenig.

Freitag, September 15, 2006

Nett!

Die sind ja so nett. Ich kannte ja schon die ungezwungene, wenn auch reichlich egoistische Entspanntheit der New Yorker und die überbordernde HowAreYouDoing-Freundlichkeit der Californier (speziell wenn es was zu verkaufen gibt), aber in Charlotte lächelt förmlich jeder. Ich befinde mich in einem Dauerflirt mit Frauen wie Männern, mit Polizisten, Angestellten und Pennern. Und nein, ich habe keine rote Pappnase auf, mit meinem Outfit könnte ich auch ein Mitarbeiter der Banc of America sein.

Heute morgen bin ich vermutlich zeitverschiebungsbedingt schon um sieben aufgestanden und durch die Stadt gelaufen. Kaffee gekauft (hot!) und einen Muffin, viel fotografiert und das Lächeln der Menschen genossen. Ich weiß noch nicht was wirklich hinter diesem Lächeln steckt - vielleicht bin ich zu mißtrauisch, aber es ist mir auch ein wenig suspekt. Vielleicht hat Scientology hier eine größere Filiale oder es gibt irgendwo natürliche Haschischvorkommen, die als Dampf aus der Kanalisation emportsteigen.Ich werde wieder berichten.

PS:Einer kleinen Feee danke ich für das Versüssen meines Fluges hierher.

Mittwoch, September 13, 2006

North Carolina

Ich bin ein wenig enttäuscht. Gerade mache ich mich fertig für eine kleine Reise nach Charlotte in North Carolina, da muß ich feststellen, daß der Staat fest in demokratischer Hand ist. Ich hatte gehofft, daß mich der Zufall jetzt endlich mal tiefer in die Seele des amerikanischen Volkes geschwemmt hat und wieder bin ich in einem doch klassischen Ostküstenstaat gelandet. Nun ja, ich hoffe ich finde trotzdem genügend irritierendes über das ich hier berichten kann.

Freitag, September 01, 2006

nervös 2

Kurz zur Erklärung und bevor dieser Blog mal endlich wirklich zu Ehren kommt: ich war nervös da der Film „Schläfer“, unter dessen Produzenten-Riege auch meine Wenigkeit weilte, sich unter den letzten 20 Kandidaten zur Nominierung zum Deutschen Filmpreis befand. Bekanntermaßen hat es aber nicht zu den letzten sechs, also den öffentlich Nominierten gereicht. Also erst beim nächsten Film…

Mittwoch, August 17, 2005

Weltjugendtag

Hola, da war ich schon ein wenig überrascht. Ruft der Papst nun anläßlich des Weltjugendtages zum kollektiven Selbstmord auf? Klar, Anlässe mag es genug geben, wenn man die Erde als Schicksalsgemeinschaft begreift. Aber das von unserer Eiapopeia-Heile-Welt-Kirche? Jedenfalls äußerte sich Benedikt fast unmißverständlich: Die Jugendlichen sollten sich, so der O-Ton, ein Beispiel an Heiligen und Märtyrern nehmen. Nun, die einen sind gewöhnlich schon tot und die anderen wollen es üblicherweise gerne werden. Vorbild? Passend dazu zeigte Spiegel-Online ein Bild von feiernden portugiesischen Mädchen („Gläubigen“) – alle in Jeans und dem identischen gelben T-Shirt, also in den Farben der Vatikanfahne. Ekstatische Jugendliche in Uniform – das sind Bilder die wir auch von den Hisbollah-Demonstrationen im Süd-Libanon kennen.

Aber mal im Ernst: Die Worte des katholischen Kirchenchefs sollten ein Betrag zur allgegenwärtigen Wertediskussion sein. Ich bezweifle, daß die Menschen auf dem Weltjugendtag Ansprechpartner für diese Diskussion sind. Ich habe Respekt vor denen, die für Minimallohn bei den Ärzten ohne Grenzen arbeiten, die für die OSZE in der Weltgeschichte unterwegs sind, die für Hilfsorganisationen arbeiten, auch vor Bundeswehrsoldaten die an friedenssichernden Maßnahmen teilnehmen. Aber mich überkommt ein kalter Schauer, wenn ich sehe wie eine verlogene Massenveranstaltung die Probleme dieser Welt ignoriert und sogar so tut als würden sie durch Singen und Tanzen auch nur ein Quentchen dazu beitragen, daß diese Welt ein freundlicherer Platz wird. Wer unter der Regie der katholischen Kirche feiert, wenn jeden Tag über 10.000 Kinder unter 5 Jahren an Hunger und vermeidbaren Krankheiten sterben (zu einem erklecklichen Anteil an Aids, daß auch durch das katholische Kondomverbot kaum eingedämmt werden kann) macht mich jedenfalls ratlos. Dabei hat der Vatikan in Bezug auf die realen politischen Problem doch schon längst den Boden der Realität und der Würde verlassen. Religion mag für einige eine sinnvolle Quelle ethischer Gebote sein. In Köln mißlingt diese Verbindung. Nichts gegen Feiern, aber mehr sehe ich dort nicht. Nach dem Motto: Besser Luftballons, als Brot für die Welt.