Montag, Dezember 31, 2007

Moloch

Colombo ist faszinierend. Auf den Straßen konstantes Drängeln. Vier Weltreligionen, die sich nur wenig auf die Füße treten. Der schnelle harte Wechsel von großen Firmen und schmuddeligsten Märkten. Glitzernde Clubs und bittere Armut. Eine arrogante Politikerkaste, harte Grenzen zwischen den sozialen Schichten, Rassismus gegen die Tamilen. Militärpräsenz an nahezu jeder Straßenecke. Eine riesige Stadt im Zentrum eines Schwellenlandes. Ich kann mich der Romantik der Härte dieser Stadt nicht entziehen.

Donnerstag, Dezember 27, 2007

My soul has been saved

Ich habe heute am Schrein des heiligen Zahns in Kandy Blumen niedergelegt. Mein Karma ist jetzt unendlich groß.

Elefanten 2

Nach den zahmen Elefanten des Waisenhauses waren wir nun auf der Suche nach wilden Elefanten. Zwei Stunden fuhren wir mit einem Jeep durch den Nationalpark Minnariya. Kein Elefant weit und breit. Dann auf dem Rückweg ins Hotel steht plötzlich am Rande einer gut befahrenen Hauptstraße ein wilder Elefant und wühlt mit seinem Rüssel in einem Müllberg. Im Gegensatz zu uns hatte er also beim Besuch im Menschenreservat gefunden was er gesucht hatte.

Mittwoch, Dezember 26, 2007

Internet is broken

Das hört man hier öfter und deswegen kommen die Blogeinträge leider in großen Schüben.

Militärhilfe

Die Ruinen von Polonnaruwa lassen sich ohne Fahrrad nicht erkunden. Das hatten wir etwas verschusselt und standen nun am Security-Checkpoint der Anlage. Um regulär ein Fahrrad zu mieten, hätten wir wieder einen Kilometer in die Stadt laufen müssen, ein unschöner Gedanke bei diesen Temperaturen. Aber ein Soldat sah unsere Not und witterte ein kleines Zubrot. Er bat uns ein paar Minuten zu warten und kehrte gleich mit ein paar reichlich bemitleidenswerten Drahteseln zurück. Die bekamen wir dann zu einem leicht überteuerten Preis, aber ansonsten nur per Handschlag zu Rückgabe angehalten, ausgehändigt. Was ihn und uns glücklich machte.

Buddhas Zahn

Religionen sind in ihrer Tiefe immer nicht leicht zu begreifen (man denke nur an das Dogma von der unbefleckten Empfängnis hinter dem theologische Kompliziertheiten sondergleichen stecken – die ich nie verstanden habe). Aber jede Religion muß dem Gläubigen oder dem der es werden soll etwas Greifbares in die Hand geben, eine Art Verdinglichung des Transzendentalen. Und dafür gibt es die Reliquie, die auch im Buddhismus ein beliebtes Transportmittel für die Nähe zu Buddha ist. Während im christlichen Glauben die eine oder andere Hand eines Heiligen oder Splitter vom Kreuz dann oft auch unter leicht grausigem Staunen tatsächlich zu sehen ist, gilt hier: Anschauen ist nicht. Denn die Reliquie – beliebt: ein Zahn – steckt unter einer enormen Kugel aus Backstein. Die größte dieser Halbkugeln – genannt Stupa –, die wir gesehen haben, hat eine Höhe von 75 Metern. Ziemlich riesig und wenn man sie ordnungsgemäß im Uhrzeigersinn umrundet hat, was wir freilich getan haben, ist man Buddha wieder ein Stückchen näher.

Auch eine geschickte Versinnbildlichung: Ein riesiger Baum, der aus einem Ableger des Original-Bodhibaums entstanden ist, also des Baumes unter dem Buddha seine Erleuchtung erlangte (ich hoffe, ich liege jetzt nicht komplett falsch). Der wird mittlerweile auch als der älteste historisch verifizierte Baum angepriesen und ist knackige 2000 Jahre alt. Und damit nicht der gemeine Borkenkäfer dem Pilgerstrom einen Abbruch tut, kümmern sich auch Gärtner-Profis intensiv um sein Wohlergehen.

Elefanten

Mit den Elefanten ist das so eine Sache. Sie faszinieren ja schon durch ihre pure Größe und mit ihren aus menschlicher Sicht unförmigen Proportionen wirken sie einfach liebenswert. Tatsächlich sind sie ja auch recht gutmütig, wenn man von Situationen absieht in denen auch wir Menschen ungemütliche Zeitgenossen sein können (Mütter mit Kindern und balzende Männer).

Nun haben die Elefanten-Waisenhäuser, in denen unter anderem einsame oder verletzte Elefanten aufgezogen werden, deswegen natürlich eine enorme Anziehungskraft auf Touristen. Und diese Waisenhäuser bedienen freilich Faszination und Sehnsucht nach Kräften. So standen wir mitten in einer Herde von Elefanten die gerade gefüttert wurden – zusammen mit einer Herde von Touristen, die gerne mit füttern wollten. Die menschlichen Bewacher luden zum Näherkommen ein: "You wanna touch?". Natürlich will ich und grinse dazu vermutlich ein bißchen glücklich blöde, woraufhin der Bewacher einen Elefanten am riesigen Ohr zu mir zieht. Das schmälert das Glück deutlich, denn ich wünsche mir doch, daß die Kreatur genauso neugierig auf mich ist, wie auf das sanfte Ungetüm vor mir. Der Elefant sieht aber gerade den hundertsten Touristen des Tages vor sich und hat ansonsten schlicht Hunger.

Später bebazt mich dann aber doch noch ein neugieriger junger Elefant ordentlich mit Lehm und schreit irgendwann ziemlich furchterregend, weil der Wärter nicht schnell genug mit der Milchflasche zur Hand ist. Die Menge aus Menschen stößt erschrocken zurück und man stellt doch ein bißchen befriedigt fest: Die Natur setzt dem Niedlichen schon recht sympathische Grenzen.

Gekochter Mais

Auf der Fahrt nach Sigiriya - wir sind ziemlich touristisch in einem klimatisierten Auto mit Fahrer unterwegs - sehe ich eine kleine Garküche am Straßenrand. Wir halten und ich kaufe einen in Salzwasser gekochten Maiskolben. Lecker! Die kleine Küche wird unter ärmlichsten Bedingungen von einem Ehepaar betrieben, die recht alt wirkten, aber das sicher nicht sind, sondern durch ein hartes Leben früh alterten. Ich frage sie vorsichtig nach Familie und Lebensumständen und nach etwas Scheu erzählen sie recht freimütig. Sie haben drei Kinder von denen das jüngste noch bei ihnen lebt und gerade an seinem Schulabschluss arbeitet, die mittlere Tochter ist Hausfrau geworden, aber der älteste Sohn von 25 Jahren arbeitet in einer kleinen Bank. Soziale Schichten wirken in diesem Moment erstaunlich durchlässig und unser Fahrer bestätigt das. Gute Bildungschancen eröffnen auch Ärmsten oft den Weg in scheinbar unerreichbare Positionen. Nichtsdestotrotz: der Krieg, staatliche Misswirtschaft und Korruption haben der Wirtschaft stark geschadet und die Armutsspange ist enorm. Ein fieses Phänomen: Gelegentlich werden alte Menschen die von der Familie nicht mehr ernährt werden können schlicht auf die Straße gesetzt und müssen sich dann mit Bettelei durchschlagen.

Colombo 1

Auf dem Flug von Dubai nach Colombo begann leider ein kleiner Migräneanfall und ich habe ihn in einem brachialen Anfall von Intelligenz noch durch ein Fläschchen Rotwein unterstützt. Deswegen konnte ich auch die Fahrt vom Flughafen in die Stadt nicht richtig genießen. Conny hat mich mit einem Taxi vom Flughafen abgeholt und der Fahrer fuhr so wie man hier eben fährt. Ich kannte aus Georgien schon das kreative Eröffnen neuer Fahrbahnen je nach Bedarf und Platz, und das macht man hier ähnlich. Nur daß man dafür auch großzügig die Gegenfahrbahn benützt und zwar nicht nur wenn Platz ist, sondern auch wenn man meint sich im Gegenverkehr Platz schaffen zu können. Besonders erfolgreich sind dabei Busse, die durch schiere Größe und Wucht den entsprechenden Respekt zum Ausweichen auslösen. Trotzdem: Auch wenn der Verkehr auf den ersten Blick halsbrecherisch wirkt, keiner möchte einen Unfall verursachen und im letzten Moment weicht man immer irgendwie aus, findet irgendwo eine Lücke oder bremst auch mal abrupt. Die hohen Todeszahlen im Straßenverkehr rühren wohl eher von einer kompletten Antipathie gegenüber Gurten und der beliebten freien Fahrt auf LKW-Ladeflächen.

Mir war jedenfalls nach der ungefähr einstündigen Fahrt so richtig schlecht und unter den überraschten und mitleidigen Blicken von Müllmännern und Nachbarn habe ich zur Begrüßung erst mal in die Bete vor Conny Haus gekotzt.

Donnerstag, Dezember 20, 2007

Dubai

Ich steige um. Richtiger: Ich sitze rum. Um in die Stadt zu fahren ist die Zeit zu kurz. Zum Umsteigen ist sie eigentlich viel zu lang. Ich werde drei Stunden im Transitbereich des Flughafens verbringen und die Zeit wird schon nach einer Stunde sehr lang.

Erster Stock die Gates, ein Stock tiefer das Duty Free Shopping vom Feinsten. Wer noch schnell eine neue Rolex oder einen BMW 7er sein Eigen nennen will, ist hier richtig. Und es wollen viele. Viel Trubel, alles glitzert.

Oben bei den Gates mischen sich Luxus-Lounges und Imbisse mit Bahnhofscharme. Und weil hier so viele Passagiere zu nachtschlafener Zeit umsteigen, gibt es auch ein "Silent-Gate" in dem man sich in die unbequemen Sessel lümmeln kann. Die meisten die Schlaf brauchen, legen sich aber einfach gleich auf den Boden und das so ziemlich überall.

Vorsicht bei der Toilettensuche! Wo an der linken Tür Frau und an der rechten Mann steht, kann man sich auch schnell in einer Moschee wiederfinden.

Reisen

Reisen beginnt nicht beim los fahren. Reisen beginnt wenn das Gepäck eingecheckt ist. Einer der großartigsten und befreiendsten Momente beim Reisen ist der Moment in dem man an der Gepäckauswahl nichts mehr ändern kann.

Ich nehme grundsätzlich zuviel mit, quäle mich mit den Entscheidungen und Prioritäten. Ich habe nie nie nie zuwenig mitgenommen. Und ich scheue ich mich auch nicht zuzugeben, daß ich am Abend vor einem Abflug kleine Listen auf Post-Its schreibe um am nächsten Morgen auch sicher zu wissen, was ich in letzter Sekunde noch zu tun habe.

Eigentlich ist das ja ein wenig traurig, denn zum Reisen gehört ja gerade dieses Moment der Unberechenbarkeit dessen was jetzt kommt.

Zu meiner Glücksrechtfertigung sei gesagt, daß sich Freiheit, Glück und Freude sofort bei der Abgabe des Gepäcks einstellen. Das Gefühl jetzt tatsächlich ein wenig Spielball fremder Umgebungen, Kulturen und unerwarteter Begegnungen zu sein, ist schlicht unbezahlbar und ich suhle mich darin.