Dienstag, Januar 08, 2008

Colombo Last

Es fühlt sich merkwürdig an Sri Lanka jetzt zu verlassen. Die Regierung hat den (sowieso nur noch dem Papier bestehenden) Waffenstillstand offiziell aufgekündigt. Pünktlich wenn er jetzt Mitte Januar ausläuft, endet auch die Regenzeit im Norden Sri Lankas, notwendige Voraussetzung für militärische Operationen. Man kann also getrost davon ausgehen, daß es dann wieder richtig los geht, sollte die internationale Staatengemeinschaft es nicht schaffen bis dahin einen Riegel vorzuschieben.

Vor zwei Tagen haben sich zwei LTTE-Kämpfer mit einer Handgranate selbst getötet um ihrer Festnahme zu entgehen. Man sieht also, daß hier beide Seiten einander alles erdenklich böse zutrauen.

Man möchte Sri Lanka nicht alleine lassen, wie man ein kleines Kind nicht alleine lassen möchte, weil man ahnt, daß es alleine nur wieder auf die Herdplatte fassen wird.

Trotzdem alles Gute! Leb wohl!

Im Cafe im Flughafen läuft im Hintergrund "Beyond the Sea" (von Bobby Darin?!). Was für ein melodramatischer Abschied.

Und! Fee! Danke für alles!!! Bis in 8!

Schlange stehen

Clash der Kulturen. Schlange stehen oder Traubenbildung? In Sri Lanka gibt es beides. Ein bißchen schwierig wird's wenn man sich nicht ganz einig ist was gilt. Im Supermarkt stellt man sich meist brav an. Aber auch da kann es passieren, daß nach einer Viertelstunde in der Schlange jemand von links heranpirscht und ganz selbstverständlich ein paar Sachen über die die Kasse streckt und bezahlen will. Lustig dabei: Die Kassierer lassen sich meist darauf ein. Da schwillt einem schon mal der Kamm – und nicht nur den bösen Westlern. Nur, wie reagieren? Wir können uns ja auch prima auf das Traubensystem einstellen (Ja, das kann ich ganz gut… J), aber ist man dann nicht wieder der anmaßende Kolonialherr, der sich vordrängelt? Schwierig, das.

Sonntag, Januar 06, 2008

Feinstaub

Ein Feinstaubproblem gibt es in Colombo nicht – eher ein Grobstaubproblem: Wenn ich abends ein nasses Taschentuch über mein Gesicht wische ist es schwarz. Weiße T-Shirts sind nach zwei Tagen tief grau.

150! 150!! 150!!!

Ich hätte gerne ein Schild. Ein ganz großes. Das würde ich dann so tragen, daß man es von der Straße aus immer sehen könnte. Und auf dem Schild steht: "NO! I DON'T NEED A RIDE!". Dabei geht das zugrundeliegende Problem eigentlich von mir aus. Denn meine Haut ist weiß oder rosa oder hellbraun – jedenfalls erkennbar europäisch. Und mit dieser Haut ist man die beliebteste Zielgruppe aller Three-Wheeler-Fahrer in Colombo.

Three Wheeler (auch Tuk-Tuk genannt) sind die populärsten öffentlichen Verkehrsmittel in Sri Lanka (eigentlich in ganz Asien). Man stelle sich eine Rikscha mit Motor vor oder eine Isetta ohne Türen. Ein Fahrer plus ein bis drei Kunden. Three Wheeler sind konkurrenzlos günstig (freilich, Busse sind billiger) und überall zu bekommen. Alle fahren mit ihnen, aber die beliebtesten Kunden sind Euopäer. An einem Tag habe ich sicher 200-mal den Kopf geschüttelt oder schon leicht genervt NO geschrien. Jedem dieser 200-male gingen eine Art Landeanflug auf mich voraus mit zwei bis drei Hupern und eifrigen Anbahnungsrufen.

Wieso sind wir so beliebt? Weil wir die Preise nicht kennen. Wir sind bereit das drei- und vierfache des normalen Fahrpreises zu zahlen, weil man uns erstens alles erzählen kann und zweitens sogar die überhöhten Preise immer noch spotbillig wirken. Das ändert sich freilich ein wenig, wenn man den ganzen Tag in der Gegend herum fährt – und wenn sich die Fahrten addieren, will man endlich sparen. Man erkundigt sich also bei lokal Kundigen nach den echten Preisen und beginnt zu verhandeln. Das läuft dann so: Man nennt die Strecke, fragt nach dem Preis, bekommt eine Zahl genannt, lacht erst einmal laut auf, nickt dem Fahrer freundschaftlich grinsend zu, um klar zu machen, daß man das Spiel kennt, dann macht man den eigenen Vorschlag, verhandelt noch ein bißchen hin und her – und belügt sich dann ausgiebig darüber, daß man sich einen richtig fairen Preis erkämpft habe.

Ok, es scheint einen Weg zu einem echten Preis zu geben. Eingesessene sagen, daß irgendwann jede Fahrt 150 Rupien (ca. 1 €) kostet. Einmal weil der Preis immer noch für jede Strecke in Colombo angemessen hoch ist und andererseits weil einem ein niedriger Preis wie Raub am Fahrer vorkäme. Ich habe den Eindruck, daß Conny diesem Nirwana schon nah ist, jedenfalls endeten alle ihre kürzlichen Verhandlungen immer mit 150. Ich bin neidisch.

Mittwoch, Januar 02, 2008

Change

In Sri Lanka herrscht Krieg. Krieg ums Wechselgeld. Die Automaten geben als kleinsten Schein 1000 Rupien (6,80 €) heraus und kleinere Scheine zu bekommen ist richtig richtig schwierig. Schon die Tuktuk-Fahrer behaupten meist kein Wechselgeld zu haben, um ihre wertvollen 50 oder 100 Rupien Scheine nicht opfern zu müssen. Wenn man sich vor der Fahrt auf ungerade Beträge geeinigt hat – Fahrpreise bewegen sich zwischen 100 und 300 Rupien – , lohnt es sich sehr ausdrücklich nachzufragen, ob der Fahrer auch Wechselgeld dabei hat. Sonst könnte es bittere Diskussionen bei Fahrtende geben. Heute gelang mir aber zufällig ein Coup: Ich kaufte ein kleines Netzwerkkabel für 150 Rupien und hatte wirklich nur einen 1000 Rupien Schein in der Tasche. Als der Verkäufer merkte, daß er noch nicht mal einen 500 Rupien Schein in der Kasse hatte, bildeten sich Schweißperlen auf seiner Stirn und ich entschuldigte mich scheinheilig, als er mit Hunderten und Fünzigern das Wechselgeld zusammenstellte. Aber verdammt, ich hätte gleich den 2000 Rupien Schein hinlegen sollen, den ich bis zu meiner Abreise aus Sri Lanka sicher nirgends mehr gewechselt bekomme.

Anschlag 2

Also ich bin ja wirklich weit weg davon irgendwelchen Verschwörungstheorien nach zu hängen und ich kann mir einen anderen Urheber als die LTTE nur schwer vorstellen. Aber ein bißchen merkwürdig ist es schon: Der Schaden ist einfach relativ gering. Auf 2-3 Metern sind im Erdgeschoß des Hotels die Fenster und Türen eingedrückt und dem Bus fehlen alle Fenster (die dem Hotel zugewandte Seite des Busses konnte ich aber nicht sehen). Zu 4 Toten und 20 Verletzten paßt das freilich schon, aber offensichtlich ist ein eher bescheidener Sprengkörper verwendet worden. Wieso? In Zeiten von Plastiksprengstoff dürfte es nicht schwieriger sein, größere Mengen an einen Anschlagsort zu schmuggeln!? Oder sollte der Anschlag nur begrenzt wirken? Wer sich an Anschläge im Irak oder in Israel erinnert, hat jedenfalls ganz andere Bilder vor Augen. Das Hotel Nippon hat freilich ein wenig Symbolik – es dient der Regierung regelmäßig für Pressekonferenzen. Zweite Merkwürdigkeit: Eine Stunde nach dem Anschlag wirken die Sicherheitsmaßnahmen und die Anspannung um den Anschlagsort und vor den Kasernen nicht sonderlich höher. Das kann freilich mit der hier typischen Nonchalance zusammen hängen. Man rennt hier zwar alle Naselang in irgendwelche Securitychecks, aber die werden so labrig ausgeführt, daß z.B. von ca. zehn Checks nur einer mein Pfefferspray im Rucksack entdeckt hat.

Anschlag

Jetzt gab es tatsächlich mal wieder einen Anschlag in Colombo. In der Nähe des Hotel Nippons im Norden der Stadt wurde mit einer vermutlich ferngesteuerten Bombe ein Militärbus angegriffen. 4 Tote 20 Verletzte. Naheliegend, daß das die LTTE war, die im Norden des Landes gerade in die Enge getrieben wird. Aber die Gerüchteküche kocht auch wild in andere Richtung nachdem gerade erst ein Abgeordneter der führenden Oppositionspartei ermordet wurde und die Opposition hier der Regierung so ziemlich alles zutraut.

Dienstag, Januar 01, 2008

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Merkwürdig: So ziemlich jeder militärische oder polizeiliche Checkpoint ist von Reklame eingekleidet. Meist sind es Banken, Versicherungen oder Supermärkte, die dort für sich werben. Straßensperren tragen oft großflächige Firmenlogos. Ich rätsele was dahinter steckt. Ist die Zielgruppe der gelangweilte Soldat oder der Tamile dessen Auto gerade auseinander genommen wird? Wäre dann nicht zumindest eine konkretere Verbindung zwischen Produkt und Aktion sinnvoll? Zum Beispiel: Ihre heutige Leibesvisitation wird Ihnen von C&A präsentiert! Neu einkleiden? Gleich hier am Checkpoint…