Mittwoch, März 11, 2009

Wieso mich Winnenden nicht so arg berührt

Jeden Tag sterben 26.000 Kinder unter 5 Jahren an Hunger oder vermeidbaren Krankheiten. Uns würde nicht auffallen wenn es am Tag mal 100 mehr oder weniger wären. Schon das muß man verdrängen um nicht wahnsinnig zu werden. Nun sind 16 Menschen im Sicherheitshort Deutschland durch einen Amokläufer getötet worden. Und weil die Sender ihre Kameras in die Gesichter der Betroffenen halten, ist uns das Leid ganz nah und spürbar. Aber hinter jedem der 26.000 toten Kinder stecken auch fürchterliche Schicksale mit leidenden und trauernden Angehörigen. Gnade uns Gott wir würden darüber genauso unmittelbar erfahren wie über diese 16 Toten.

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

PROVOZIERST DU NOCH, ODER RETTEST DU SCHON?

Wenn Du professionelle „Wegseher“ wie mich schon mit der Nasenspitze fest in das Elend drückst, dann gib mir doch gleich mit auf den Weg, womit ich beitragen kann, das Leid in der Welt ein Stück weit zu lindern.

Ein Wegseher wie ich sieht sich auch nicht die Gesichter der Winnenden-Betroffenen an, die jetzt durch alle Kanäle flimmern*. Ich stehe auch so ohnmächtig vor dem Schmerz, der von jedem einzelnen der zu beklagenden Opfer ausgeht – Angehörige, Klassenkammeraden, Lehrer.. wie mögen sie sich fühlen?
Ja, tut mir Leid Peter, es ist mir näher. Näher, weil ähnlicher zu meinen Lebensbedingungen, ich Made im Speck.

26.000 Kinder unter 5 Jahren die an einem Tag sterben, übersteigt einfach meine Vorstellungskraft...

Du hast Recht, es ist nicht minder tragisch, im Gegenteil. Ich finde es jedoch falsch, ein Leid mit einem anderen abzuwiegen. Provozieren um aufzurütteln könntest Du auch ohne die Gefühle Trauender zu verletzen. Überleg’ Dir z.B., wie Du einen Profinixblick wie mich den Angehörigen in der dritten Welt näher bringst.

Warte auf Wegweiser zur Errettung der Welt.

Liebste Grüße
Rosanna

P.S. Warum ich kommentiere? Du hast wohl mein schlechtes Weltgewissen angepiekst.


* Ich schalte auf VIVA und MTV, die aufgrund der tragischen Ereignisse seit gestern nur Musikvideos ohne hohlem Gelabere dazwischen zeigen. Das genieße ich ohne rot zu werden. Ganz die Made im Speck.

Anonym hat gesagt…

Kommst Du mir jetzt wirklich mit den armen Kindern in Afrika? Wegen denen mußte ich als Kind schon immer meinen Teller leer essen ...

Zynismus beiseite, dein Argument funktioniert so: Wenn wir uns über 26.000 Kinder nicht entsetzen, ist es fast unfair, bei 16 hinzuschauen, nur weil uns das Fernsehen Gesichter dazu liefert.
Stimmt soweit.

Also lieber nicht so berührt sein, ist doch konsistenter. Stimmt schon nicht mehr so ganz.

Wo Du völlig Recht hast, ist, dass das Maß an Fernseh-Coverage unverhältnismäßig erscheint. Besonders, wenn auf allen Kanälen wie ein Ritual die Liste der Schulmassaker der letzten 15 Jahre heruntergebetet wird. Fühlt sich mehr wie Schaulust an.

Vielleicht gehts bei der öffentlichen Aufmerksamkeit ja nicht so sehr um Mitgefühl für die Opfer: Tod (besonders durch Kopfschuss etc) passiert normalerweise anderen Leuten. Meist wohnen sie in Bagdad, Gaza oder sonstwo. Wenn so was in unserer Nachbarschaft vorkommt, müssen wir wenigsten mal im Schlaf umdrehen, und die Decke über dem Kopf neu richten.

Richard hat gesagt…

Rosannas Kommentar zeigt in die richtige Richtung.

Die verhungernden Kinder erschrecken uns nicht so, weil wir etwas dagegen tun könnten. Ob wir nun etwas tun oder nicht - diese Nachricht lässt uns nicht mit dem Gefühl der Hilflosigkeit zurück.

Bei Winnenden wir uns unbewusst klar, keine noch so radikale Überwachungsmaßnahme wir solche Ereignisse in Zukunft verhindern können. Darum suchen alle Medien fieberhaft nach dem einen Indiz, dass übersehen wurde und womit die Tat hätte verhindert werden können. Im dem Berg von Berichts-Aktionismus und Pseudofakten geht dann am Schluss eines unter: Es gibt kein Indiz, dass nicht 50% oder mehr der Teenager in die Sicherheitsverwahrung bringen würde.

Aber wir Menschen brauchen dieses Verarbeitungsritual - das gleiche Ritual mit dem nach jedem Flugzeugabsturz nach der Ursache gesucht wird, die dann doch so oft 'menschliches Versagen' ist. Genauso könnten sich die Vorstände von Airbus und Boing hinstellen und verkünden: "Flugzeuge fallen halt manchmal runter - das ist so!" - aber das wird nicht passieren, denn keiner will dieses Gefühl von Hilflosigkeit. Bei 'menschlichem Versagen' muss man ja nur die Piloten besser auswählen und ausbilden und schon wird alles gut.

AO hat gesagt…

coole Kommentare der Mitleser... wirklich!! Dennoch, ich denke schon, dass Dein Argument was hat.. nur weil hier halt RTL und Sat1 die Kamera draufhalten ist Wennenden ein Riesentheater, aber Afrika ist und bleibt nix... Ich bin auch der Meinung, dass wir - wenn wir die Welt dann doch "verbesserne" wollen - besser mal im ärmsten Kontinent der Welt anfangen...